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Authentisches Gatekeeping: Was Unternehmen als GoodCompany erfüllen müssen

Wie wir mit unserer Company Discussion entscheiden, welche Unternehmen bei uns Stellen schalten und wie sich der Prozess konstant entwickelt, lest ihr hier.

Annika Rudolph & Julia Dillan

02.02.2022

GoodJobs Team am Diskutieren

GoodJobs

Mittlerweile hinterfragen immer mehr Menschen die Sinnhaftigkeit ihres Jobs – sei es durch Klimakatastrophen wie die Überschwemmungen in Deutschland oder die Entwicklungen der Corona-Pandemie. Mehr Menschen denn je wünschen sich einen Job mit Sinn. Die Suche nach diesem gleicht der nach der Nadel im Heuhaufen wenn wir uns auf herkömmlicher Weise in den Jobbörsen umsehen und Arbeitgeber*innen erst einmal recherchieren müssen. Haben wir dann eine Organisation gefunden, die laut ihrer Webseite nachhaltig agiert, macht sich ein Gefühl der Überforderung breit: Tut ein Unternehmen tatsächlich Gutes oder wäscht es sich nur grün? Da kommt GoodJobs ins Spiel: das authentische Gatekeeping unterstützt Jobsuchende. Sobald Kritik an Unternehmen xy aus der Community kommt, wird dieses transparent geprüft und gegebenenfalls aus unserer Datenbank nachhaltiger Arbeitgeber*innen ausgeschlossen. Anni, die sich bei GoodJobs um den Company Discussion Prozess kümmert, erzählt was Unternehmen erfüllen sollten, um bei uns Stellen zu schalten, welche Entscheidungen kürzlich getroffen wurden und wie sich das Gatekeeping entwickelt hat.

“Authentisches Gatekeeping” – was bedeutet das genau?

Authentisches Gatekeeping ist auch bei uns eine Bezeichnung die erst im letzten Jahr durch den Ausbau des Selektionsprozesses entstanden ist. Um die Begrifflichkeit näher erklären zu können, ist es spannend auf den Anfang von GoodJobs zu blicken:

Als GoodJobs entstanden ist, war klar welche Companies ihre Mitarbeiter*innen bei uns suchen sollen - Companies, die unsere Mission von einer nachhaltigeren Welt mit uns angehen wollen und dabei unsere Umwelt schützen, die Gesellschaft fair gestalten oder Wissen vermitteln, Menschen helfen sowie bewusst wirtschaften und dabei keinem dieser Bereiche in ihrem Kerngeschäft schaden. 

Um eine objektive und transparente Selektion zu ermöglichen, mussten Merkmale, Kennzeichen, also Attribute her,. Der entstandene Kriterienkatalog beruht auf den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) und wird stetig agil weiterentwickelt.

Mit dem Wachsen unser Plattform und dem Listen von über 2.000 Companies, bedarf es eines authentischen Gatekeepings. Denn wir wollen mit unser Plattform das Versprechen, gute Jobs von guten Organisationen zu bieten, halten und haben genau diese Verantwortung gegenüber unseren Jobsuchenden, unserer Community und auch unseren dort gelisteten Kund*innen. All diese vertrauen uns in dieser Hinsicht – deshalb wollen wir nur Stellenanzeigen bewerben, von denen wir zweifelsfrei behaupten können, dass sie keines unserer Ausschlusskriterien erfüllen. Das bedeutet wie an Tag 1 zu entscheiden, welche Companies unsere Mission verfolgen und in unsere Datenbank nachhaltiger Arbeitgeber*innen aufgenommen werden und welche Companies dies vielleicht nicht zu 100 Prozent tun, aber dennoch Jobs mit einem positiven Impact anbieten. Mit Companies, die mit ihrem Kerngeschäft eines unser Ausschlusskriterien erfüllen, arbeiten wir nicht zusammen. 

Das authentische Gatekeeping stellt im metaphorischen Sinne somit eine Türsteherin dar, welche die Companies selektiert. Das authentische an der Türsteherin sind die vertretenen Werte, die Objektivität und Gleichberechtigung in der Bewertung anhand des Kriterienkataloges, und die Transparenz nach Außen. Transparenz bedeutet bei uns, dass den Kund*innen, der Community und den Jobsuchenden offen dargelegt wird, wie selektiert wird und warum. Wir halten den Prozess dabei agil, um ihn jederzeit durch neue Erkenntnisse, Erfahrungen aus den Selektionsprozessen und Stimmen aus der Community anpassen zu können.

Was muss eine Company tun, um als GoodCompany gelistet zu werden und/oder Stellen zu inserieren? 

Dazu gibt es verschiedene Wege bzw. drei Klassifikationen für unsere Companies und wie sie sich bzw. auch nur ihre Jobs bei GoodJobs listen können:

Fangen wir mit der GoodCompany an: Um bei uns als GoodCompany gelistet zu werden und die Möglichkeit zu haben, alle Jobs bei uns zu inserieren, muss das Unternehmen mindestens eines unserer Nachhaltigkeitsziele aus unserem Katalog in ihrem Kerngeschäft erfüllen und darf dabei keines unserer Ausschlusskriterien auch nur zu Teilen vertreten. 

Ganz neu gibt es bei uns die Kategorie der TransformationsCompany. Denn wir glauben, dass nachhaltiges Wirtschaften nicht schwarz/weiß betrachtet werden kann und es Unternehmen gibt, die eine nachhaltige Brückenfunktion in einer nicht so nachhaltigen Branche haben können. Um bei uns als TransformationsCompany gelistet zu werden, muss die Company in ihrem Kerngeschäft und ihrem Impact in den Nachhaltigkeitszielen mindestens zwei unserer Kriterien aktiv verfolgen - dabei erfüllen sie aber einen Teil eines unserer Ausschlusskriterien und können somit nicht als GoodCompany gelistet werden. 

Außerdem gibt es sogenannte “neutrale” Companies, die in ihrem Kerngeschäft nicht klar erkennbar eines unser Nachhaltigkeitsziele zu ihrer Mission erklären (können), aber eben auch keine unserer Ausschlusskriterien vertreten. Diese Companies haben die Möglichkeit, bei uns einzelne GoodJobs auszuschreiben – also Jobs, die offensichtlich eines unser Nachhaltigkeitsziele vertreten. Das kann im klassischen Sinne eine Nachhaltigkeistmanager*in sein, aber auch eine Fachreferent*in für eines unser Nachhaltigkeitsziele. 

Diese Klassifikation erfolgt immer zu Beginn der Zusammenarbeit, wir prüfen dann das Unternehmen auf Basis unserer Kriterien und teilen sie in eine Kategorie ein. Dabei ist uns wichtig, die Companies in regelmäßigen Abständen wieder zu prüfen und die Kategorie gegebenenfalls anzupassen. 

Welche Nachhaltigkeitsziele sind die Grundlage dieser Entscheidungen?

Aus den 17 SDGs haben wir für uns fünf Teilbereiche festgelegt: Umweltschutz, eine faire Gesellschaft, Wissensvermittlung, Menschen zu helfen und bewusstes Wirtschaften. Das sind auch die Komponenten, die für uns Nachhaltigkeit im Arbeitskontext ausmachen und immer wieder in die Bewertung des Kerngeschäftes einfließen. Für uns setzt sich Nachhaltigkeit nämlich aus den drei Säulen Umwelt, Soziales und Ökonomie zusammen. 

Die Ausschlusskriterien gehen von Verletzung der ILO Kernarbeitsnormen bis hin zum Waffenherstellen und -handeln und stellen all das dar, was wir als unvertretbar in der Arbeitswelt und somit unserer Gesellschaft sehen. 

Seit Anfang des Jahres gibt es nun auch neue Ausschlusskriterien. Welche sind das und wieso wurden diese als Entscheidungsgrundlage aufgenommen?

Die fünf neuen Ausschlusskriterien lauten:

Verletzung der UN-Behindertenrechtskonvention – “Das Unternehmen verstößt gegen einen oder mehrere Artikel der UN-Behindertenrechtskonvention und deren Verständnis von Inklusion. Es bietet Menschen mit Behinderungen nicht das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen und stellt kein offenes, integratives Arbeitsumfeld dar, welches Menschen mit Behinderung frei wählen und annehmen können.”
Das Kriterium war uns, wie all unsere Ausschlusskriterien, super wichtig, um nun eine Prüf- und Selektion Grundlage zu haben und schauen zu können, ob die Unternehmen unsere Werte und unser Nachhaltigkeitsziel von Inklusion vertreten.

Fehlende Wissenschaftlichkeit – “Die Inhalte oder das Produkt spiegeln keine fundierte wissenschaftliche Auseinandersetzung wider. Die Inhalte oder die Wirkung des Produkts ist nicht zweifelsfrei belegt und es fehlt eine kritische Auseinandersetzung.”
Ein wichtiges Kriterium unserer Zeit und für uns die Möglichkeit weiterhin kritisch zu bleiben und zu hinterfragen wie sich mit dem Produkt oder der Dienstleistung auseinandergesetzt wurde. 

Verletzung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – “Das Unternehmen verletzt einen oder mehrere Artikel aus der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948) oder steht für Strukturen ein, die diesen widersprechen.”
Die Resolution aus der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu den Menschenrechten sollte eigentlich per se schon in unseren anderen Ausschlusskriterien wiederzufinden sein, dennoch war es uns wichtig, dieses nochmal alleinstehend als Ausschlusskriterium zu listen, um jede Company die in irgendeiner weise gegen einen oder mehrere Artikel der Erklärung verstößt, selektieren zu können. Alles andere würde sich nicht mit unserer Mission vereinbaren lassen! 

Förderung von Tierleid – “Durch das Produkt oder die Dienstleistung wird der körperliche und/oder seelische Schmerz, der einem Tier zugefügt wird ausgeführt, verstärkt und strukturell unterstützt.”
Vorher hatten wir “nur” das Ausschlusskriterium der Massentierhaltung und jetzt wollten wir noch ein weiteres Kriterium für Tiere in unserem Katalog haben, um a) die Wichtigkeit dahingehend zu betonen und b) uns ganz klar gegen Zoos, Tierparks und Aquarien zu positionieren. 

Fehlende Auseinandersetzung mit der Zulieferkette – “Das Unternehmen kann nicht bestätigen, dass die sozialen Risiken in der Zulieferkette überprüft bzw. evaluiert wurden und Maßnahmen gegen schwerwiegende Missstände, Menschenrechtsverletzungen und ökologische Risiken unternommen werden."
Gerade im aktuellen Diskurs um das Lieferkettengesetz (LkSG), war es uns wichtig dieses Ausschlusskriterium in unseren Selektionsprozess aufzunehmen, mitzudenken und dahingehend noch kritischer zu werden 

Wie werden Grundsatzentscheidungen, zum Beispiel zu religiösen Unternehmen, getroffen? 

Dazu haben wir uns im letzten Jahr zusammengesetzt und aufgearbeitet, welche Branchen aktuell bei uns schalten und ausdiskutiert, wie wir anhand unserer Kriterien in den einzelnen Branchen selektieren und klassifizieren. Somit haben wir jetzt Grundsatzentscheidungen für die Branchen auf unserer Plattform getroffen, immer mit dem Vorhaben, uns dahingehend weiterhin zusammenzusetzen, wenn neue Branchen auf uns zukommen. Wie erwähnt, möchten wir mit unserem authentischen Gatekeeping agil bleiben und mit dem Zahn der Zeit selektieren. 

In diesen Grundsatzentscheidungen haben wir zum Beispiel beschlossen, uns nicht mehr religiös zu positionieren und keine Companies von religiösen Institutionen bei uns zu listen. Dafür finden aber weiterhin religiöse Organisationen einen Platz auf unserer Seite, immer unter Prüfung der vermittelten Inhalte, weil wir an den sozialen Mehrwert dieser Organisationen glauben. Eine weitere wichtige Grundsatzentscheidung wurde nach langer Diskussion für politische Parteien getroffen. Auf der einen Seite sehen wir in jedem Fall die Wichtigkeit von politischen Parteien hinsichtlich politischer Bildung, Wissen vermitteln und demokratischer Teilhabe - andererseits haben wir uns gefragt, ob politische Parteien in ihrem Kerngeschäft wirklich eines unserer Nachhaltigkeitsziele zu 100 Prozent vertreten kann. Da wir dies nicht sicherstellen können, laufen politische Parteien nun als “neutrale Companies” und können aber ihre wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen, Fachreferent*innen für Diversity etc. bei uns finden lassen - mit dem Augenmerk, dass die Partei zu keinem Zeitpunkt eines unser Ausschlusskriterien vertritt oder diese strukturell befördert. 

Wie läuft eine typische  “Company Discussion” ab?

Entweder kommt die Company selbst auf uns zu und möchte ihr Profil mit einer Stelle bei uns inserieren oder intern möchte eine Person auf eine Company zugehen und eine mögliche Zusammenarbeit besprechen. In beiden Fällen muss die Company sozusagen von der Türsteherin geprüft werden. 

Da beginnt bei uns der Prozess der sogenannten Company Discussion. Das bedeutet, dass alle relevanten Informationen zu der Company gescreent und gesammelt werden. Das kann die Internetseite sein, verschiedene Berichte von dem Unternehmen, als auch öffentliche Studien und Artikel - alles was das Kerngeschäft der Company betrifft und kommentiert. 

Wenn die Informationen zusammengestellt sind, fungiert der Kriterienkatalog als Art Checkliste: Welche Nachhaltigkeitsziele treffen zu? Treffen sie wirklich im Kerngeschäft zu? Welche Maßnahmen werden getroffen? Gibt es Zertifizierungen? Wie werden sie sonst gerechtfertigt?

In Bezug auf unsere Ausschlusskriterien haben wir nochmal eine detaillierte Checkliste zu jedem einzelnen Ausschlusskriterium und prüfen somit nochmal im Detail ob ein Punkt auf unserer Liste bei dem Unternehmen zutrifft. Sollten dabei Nachfragen aufkommen, treten wir mit der Company direkt in den Austausch. 

Im Anschluss wird die Company anhand des oben beschriebenen Klassifikationssystems in eine der Company Kategorien eingeteilt oder eben ausgeschlossen. Bei Ausschluss suchen wir aber immer das Gespräch mit den Companies um voneinander lernen zu können und unsere Kriterien erneut zu schärfen. 

Indem wir mit unseren beschrieben Checklisten, dem Kriterienkatalog, Grundsatzentscheidungen und dem Austausch mit unserer Community und den Kund*innen stetig in der Prüfung und Selektion sind, versuchen wir nach bestem Wissen und Gewissen green-, pink- und bluewashing zu entlarven und Diskurse anzuregen. 

Welche Branchen sind momentan vermehrt in Diskussion? 

Jede Company und somit Branche landet ja in unserer Company Discussion und somit in der Diskussion. Schwierig in der Prüfung sind aktuell die Consulting-, IT- und Elektromobilitätsbranche. Bei den beiden ersten könnten die Ziele “Wissen vermitteln” und “Datensicherheit/ -schutz” zutreffen, jedoch bedarf es da immer wieder einen Reflektionsprozess, ob sich dies wirklich mit unserer Mission deckt oder doch eher zu unseren neutralen Companies zählt. 

Bei Elektromobilität steht nochmal ein Zusammenkommen Richtung Grundsatzentscheidung aus. Aktuell listen wir Companies die E-Fahrzeuge anbieten oder auch vermieten, welche auf konventionellen Wege sonst einen schlechten Einfluss auf die Umwelt hätten. Jetzt kommen aber Fragen auf wie: “Sind E-Bikes nachhaltig? Ermöglichen sie eine niedrigschwellige Mobilität für alle Menschen, wird dann wirklich auf Auto verzichtet?”

Gibt es eine Möglichkeit für Unternehmen, trotz Ausschluss zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen zu werden? 

Klar! Wir stehen immer für einen erneuten Dialog zur Verfügung und prüfen gerne, ob die Company sich in ihrer Mission und ihren Strukturen gewandelt hat. Denn nicht jede*r ist von Anfang an perfekt und wir freuen uns immer sehr, wenn Companies sich unseren Nachhaltigkeitszielen zuwenden und wir sie mit motivierten Jobsuchenden supporten können. 

Wie setzt GoodJobs Feedback um? Sowohl von Nutzer*innen, als auch von den Companies selbst?

Da Feedback Teil der Identität des authentischen Gatekeepings ist, nehmen wir gerne jedes Feedback entgegen, prüfen, inwiefern sich dies auf das Kerngeschäft und die Strukturen der Unternehmen bezieht und somit auf die Bewertung bei uns. Darauf aufbauend treten wir dann in den Austausch mit der jeweiligen Company, um gegenseitige Learnings zu generieren und schauen, ob unser Selektionsprozess oder die Klassifizierung angepasst werden muss. 

 

Solltet ihr also Feedback zu Companies und unserem Selektionsprozess haben, sendet es gerne an: info@goodjobs.eu