Psychologie

Hilfe, hochsensibel! – Wie du deine Gefühle zur Stärke machst

Fast jede*r Fünfte ist hochsensibel. Wir zeigen dir, wie du diese Eigenschaft am besten einsetzt, damit du eine Bereicherung für jedes Team bist. Denn das ist keine Schwäche!

Lea Thin

05.08.2020

Hilfe, hochsensibel! – Wie du deine Gefühle zur Stärke machst

© Andreas Haslinger via Unsplash

Fast jede*r Fünfte ist hochsensibel. Hinter der ausgeprägten Empathie steckt ein biologischer Vorgang: Forscher*innen fanden heraus, dass Teile des Gehirns, die für Emotionen verantwortlich sind, bei hochsensiblen Menschen schlichtweg stärker durchblutet werden, sobald sie getriggert werden. Wenn du hochsensibel bist hat das also nichts mit Schwäche zu tun. Ganz im Gegenteil, Hochsensibilität ist auch eine soziale Superkraft. Du bist durch sie in der Lage, die Stimmung in einem Raum sofort zu erfassen und schaffst es, dich so richtig in dein Gegenüber hineinzufühlen. Eigenschaften, die dir viel Anerkennung verschaffen können – auch oder vor allem im Job. 

Hochsensibel im Job punkten

Hochsensible Menschen nehmen die Reize und Empfindungen ihrer Umwelt stärker wahr. Gerade die Leistungsgesellschaft fordert hochsensible Menschen daher oft mehr heraus als andere, vor allem im Job. Der Leistungsdruck der heutigen Arbeitswelt ist für hochsensible Menschen oft schwer zu ertragen. Hektische, kurze Antworten des*der Chef*in oder salopp formulierte Kritik zwischen Tür und Angel können sie wochenlang in Selbstzweifel bis hin zur Lähmung versetzen. Doch hinter all den Kehrseiten steckt für dich als hochsensible Person auch viel Potenzial.

1. Engagement

Hochsensible Personen können in vielen Berufsfeldern zufrieden werden, vor allem wenn sie darauf achten, dass ihr Beruf ihr Leben mit Sinn erfüllt. Den meisten Menschen, die wie du hochsensibel sind, geht es gar nicht so sehr ums Materielle. Zwar werden sie gern sichtlich wertgeschätzt, was sich auch in einer fairen Entlohnung widerspiegelt. Viel wichtiger ist ihnen aber, dass ihre Potenziale voll ausgeschöpft werden. Sowohl Unter- als auch Überforderung sind ein No-Go, mit dem sie nur schwer umgehen können. Daher bewerten sie eine gute Arbeitsstelle meist mehr nach ihren Entfaltungs- als nach Aufstiegsmöglichkeiten. Sind diese Kriterien erfüllt, gehst du als hochsensibler Mensch voll in deiner Arbeit auf und wirst mit deinem Engagement schnell zur unverzichtbaren Bereicherung für jede*n Arbeitgeber*in. 

2. Kreativität 

In hochsensiblen Personen schlummert meist ein großes kreatives Potenzial. Sie sind in der Lage, “Out of the box” zu denken und lassen jedes Unternehmen von ihren innovativen Ideen profitieren. Wichtig dabei ist vor allem, dass man ihnen auch die Möglichkeit dazu gibt. Mit zu viel Druck oder zu wenig Gestaltungsspielraum können hochsensible Menschen ihre besonderen Fähigkeiten nicht entfalten. Daher solltest du darauf achten, nicht in Unternehmen anzuheuern, bei denen Kreativität und Innovation bereits im Kern erstickt wird – etwa durch starre Arbeitsweisen, Hierarchien und zu feste Abläufe. Stattdessen muss es möglich sein, Eigeninitiative zu zeigen und selbst Verantwortung zu übernehmen. 

3. Problemlöser

Hochsensible Menschen sind meist nicht nur künstlerisch begabt, viele haben auch ein Händchen für Strategien. Sie sind häufig die geborenen Analyst*innen. Ihnen liegt es, einen Prozess in seiner Gesamtheit zu überblicken und neu zu denken. So können sie ganz neue Probleme identifizieren und Verbesserungsvorschläge machen, die nicht nur an der Oberfläche kratzen. Aber Vorsicht: Man sollte eine hochsensible Person lieber nicht mit weiteren Arbeitsaufträgen überschütten, sondern ihnen die Möglichkeit geben, voll und ganz in ihre Analyse einzutauchen. Denn lässt man ihnen Freiraum und  Zeit, um neue Ideen zu entwickeln sind sie wahre Problemlöser. 

 

4. Soziale Ader

Durch deine Feinfühligkeit erkennst du als hochsensible Person sofort die Spannungen, wenn du den Raum betrittst.  Zwar leiden Hochsensible mehr als andere unter einem schlechten Betriebsklima und Konflikten im Job. Dennoch ist diese Fähigkeit auch sehr gefragt: In vielen Branchen ist Einfühlsamkeit gefragt, Kund*innen und Auftraggeber*innen umschmeichelst du schnell, da du ein Gespür für angemessenes Verhalten hast. Auch im Büro kommt deine Art gut an. Zwar brauchst du viel Raum für dich und nimmst dir Kritik sehr zu Herzen. Kolleg*innen, die dich mit dem nötigen Respekt und Verständnis behandeln, erkennen in dir jedoch häufig den oder die loyale und verständnisvolle Kolleg*in, die das Team absolut bereichert. 

5. Gründlich und fokussiert

Hochsensible Menschen nehmen sich einem Thema nicht gerne oberflächlich an. Stattdessen lieben sie es, sich so richtig in ein Thema hineinzuarbeiten, sich in Details zu vertiefen und es von allen möglichen Seiten zu betrachten. Provisorische Ergebnisse und kurze Deadlines sind daher wahrscheinlich nicht dein Ding. Ausgiebige Recherchen und das Durchschauen komplexer Sachverhalte gehören zu deinen Stärken. Du willst die Dinge, an denen du arbeitest, wirklich verstehen und hinterfragst sie deshalb ständig erneut. Dieses Talent hat allerdings auch eine Schattenseite: Oft lieferst du sehr theoretische Ergebnisse, die nur schwer in die Praxis umzusetzen sind. Auch können oder wollen deine Kolleg*innen, die deine ganze Denk-Vorarbeit nicht geleistet haben, deinen komplizierten Gedankengängen oft nicht folgen. Um diesen Frust zu vermeiden, solltest du dich bemühen, bereits im Vorfeld Themen einzugrenzen und Arbeitsaufträge so klar wie möglich zu definieren. Überwinde aktiv deinen Perfektionismus und konzentriere dich – dir zuliebe – auf das, was innerhalb der gesetzten Frist wirklich möglich ist. 

6. Vielseitigkeit 

Als hochsensible Person lieferst du stets Arbeit in hoher Qualität ab. Dabei darf das Thema auch gerne mal etwas abseits deines üblichen Portfolios liegen, denn du bist vielseitig interessiert und findest leicht Zugang zu neuen Themenfeldern. Du zeigst außerdem viel Bereitschaft, dich fortzubilden und weiterzuentwickeln. Dazu darf dir aber auch die Zeit nicht fehlen. Ziehe also klare Grenzen und mach deinen Kolleg*innen klar, dass sie dich bei Aufgaben, die hohe Konzentration erfordern, besser nicht mit zusätzlichen Arbeitsaufträgen erdrücken.

Jobwahl für Hochsensible – der Rahmen muss passen

Allgemein sind Hochsensible insbesondere für technische Tätigkeitsfelder, Qualitätssicherung oder soziale Berufe geeignet. Viele finden ihr berufliches Glück auch in kreativen Umfeldern, etwa im Marketing oder in der Kommunikation. Als hochsensible Person sind jedoch nicht nur deine Stärken und Schwächen wichtig für die Berufswahl. Vielmehr solltest du auch darauf achten, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Einzel- statt Großraumbüro, wenige Meetings, Pausen und kreative Freiheit sind dabei Faktoren, auf die du achten solltest. An der Börse oder im Catering wirst du deine Ruhe wahrscheinlich nur schwer einfordern können. Aber auch das Arbeiten in hektischen Großraumbüros kreativer Agenturen ist für viele hochsensible Personen absolute Reizüberflutung, führt zu Kreativitätsblockaden und lenken sie von ihrer Arbeit ab. Ist ein Einzelbüro nicht möglich, sollten hochsensible Personen zumindest zeitweise einen abgetrennten Raum ohne Radio, Geplauder oder Telefonate aufsuchen können – oder im Home Office arbeiten dürfen. Nicht selten machen sich hochsensible Menschen daher selbstständig, um ihre Arbeitsbedingungen an ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen zu können. Ob du selbst hochsensibel bist, kannst du mit Hilfe dieser Checkliste herausfinden.