12 GoodCompanies, die sich für Menschen mit Behinderungen einsetzen
Am 05. Mai ist Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen. Wir stellen euch 12 GoodCompanies vor, die sich für mehr Inklusion einsetzen.
Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de
„Jeder Mensch hat ein Recht darauf, gleichberechtigter Teil der Gesellschaft zu sein“. So steht es in der UN-Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen geschrieben. Die Wortwahl macht deutlich: es geht nicht darum, Ausgegrenzte zu integrieren, sondern von vornherein allen Menschen die gleichen Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben zu garantieren. Und genau das bedeutet Inklusion nämlich: dass Menschen mit und ohne Behinderung zusammen lernen, arbeiten und leben.
Am 05. Mai findet jährlich der Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen statt. Dieser wurde 1992 von den Interessenvertretungen Selbstbestimmt Leben Deutschland (ISL) ins Leben gerufen, um zugleich Raum für Information, Empowerment, Austausch und Protest zu schaffen. Seit nun 30 Jahren finden in dem Aktionszeitraum diverse Veranstaltungen zum diesjährigen Motto „Tempo machen für Inklusion – barrierefrei zum Ziel!“ statt.
Inklusion mit Gleichbehandlung umzusetzen wäre eine Utopie. Denn was nützt es, wenn ein Kind mit Behinderung in einem Unterricht sitzt, der nicht auf den notwendigen Förderbedarf eingeht und – paradoxerweise – eher ausgrenzt? Das ressourcenorientierte Leistungsprinzip unseres Bildungswesens geht über in einen kapitalistischen Arbeitsmarkt, bei dem Exklusion zur Tagesordnung gehört. Während die Spitze der Arbeitsgesellschaft nach Darwin’schem Prinzip geformt wird, gibt es für Menschen mit Beeinträchtigung „gesonderte Aufgaben“ abseits der Arbeitswelt. Ein absoluter Missstand, der mit Gleichberechtigung nichts zu tun hat! „Gemeinsamkeit in Vielfalt“ lautet das Leitbild, nachdem wir unsere Jobs gestalten sollten.
Die gute Nachricht: es gibt sie – Unternehmen, die wissen, wie man das Konzept Inklusion in die Tat umsetzt und mit guten Ideen Inspiration für andere sind. Wir stellen euch zwölf davon vor – vielleicht ist ja auch dein*e nächste*r Arbeitgeber*in dabei?
MINA – Leben in Vielfalt e.V.
Der Berliner Verein MINA-Leben in Vielfalt e.V. wurde im Oktober 2010 von Menschen, die seit vielen Jahren im Bereich Migration, Gesundheit, Bildung und Behinderung arbeiten, gegründet. Zweck des Vereins ist die Förderung der Hilfe für Menschen mit Behinderung und mit Migrationshintergrund. Die Projekte sind vielfältig: Familienselbsthilfegruppen, Hilfe bei Antragsverfahren oder auch kreative Gruppen zur Förderung der Selbstständigkeit. Gemeinsam mit dem Verein haben wir auch ein Video über ihre Arbeit gedreht – klick dich in ihr Companyprofil rein!
Schildkröte GmbH
Die gemeinnützige Organisation setzt sich seit mehr als 30 Jahren mit rund 160 Mitarbeiter*innen für Bildung, Beschäftigung, Integration und Vermittlung in berufliche Perspektiven ein. Als anerkannter sozialer Träger begleiten sie Jugendliche und langzeitarbeitslose Erwachsene in unterschiedlichen Maßnahmen. Ein weiterer Schwerpunkt der GoodCompany ist gesundes Essen aus gesunden Zutaten. In dem gemeinnützigen Unternehmensverbund g.a.s.t.r.o kochen sie gemeinsam mit ihren Tochtergesellschaften Mittagessen für Kinder und Jugendliche an den Berliner Schulen und Kitas. In dem Rahmen werden junge Menschen mit und ohne Behinderungen in den Berufen Koch/Köchin, Fachkraft im Gastgewerbe, Fachpraktiker*in im Gastgewerbe und Fachpraktiker*in Küche ausgebildet. Aktuell wird Unterstützung gesucht – klick dich rein!
Lebenshilfe Frankfurt am Main
Die Lebenshilfe Frankfurt wurde 1961 von engagierten Eltern gegründet. Sie hatten das Ziel, für ihre Kinder mit Behinderungen und die ganze Familie einen Weg aus der Isolation zu finden. Mit ihrem Verein schafften sie Raum für Begegnung und schenkten Lebensfreude für eine damals komplett ausgegrenzte Gruppe der Gesellschaft. Bis dahin hatten ihre Kinder keinen Kontakt zu anderen Kindern und keine Möglichkeit der Teilhabe an Angeboten des öffentlichen Lebens. Die Eltern organisierten Freizeitangebote, eine integrative Kinderbetreuung und die Frühförderung. Heute verfolgen mehr als 400 Mitglieder und 450 Mitarbeitende das Ziel der Selbstbestimmung, damit alle Menschen – egal ob mit oder ohne Behinderung – für sich selbst sprechen und entscheiden können. Bewirb dich bei der GoodCompany, wenn auch du Teil davon sein möchtest!
Handicap International e. V.
Handicap International (HI) ist eine gemeinnützige Organisation für Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit, die in rund 60 Ländern aktiv ist. Sie versuchen, langfristig die Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderung zu verbesser und diejenigen zu unterstützen, die besonderen Schutz benötigen. Außerdem kämpfen sie für eine Welt ohne Minen und Streubomben sowie gegen Bombenangriffe auf die Zivilbevölkerung. Der deutsche Verein der internationalen Organisation Humanity & Inclusion ist Co-Preisträgerin des Friedensnobelpreises von 1997. Aktuell liegt ein Fokus auf dem Krieg in der Ukraine und auf dem Support von geflüchteten Menschen mit Behinderung. Schau in die Stelle, wenn du dich in dem Crossroads-Projekt engagieren möchtest.
Dr. Ausbüttel & Co. GmbH
Was hat ein Pflasterhersteller mit Inklusion und Gleichstellung zu tun? Das inhabergeführte Familienunternehmen mit Sitz in Dortmund hat 150 Mitarbeiter*innen und beschäftigt in zwölf Werkstätten in Nordrhein-Westfahlen über 1.100 Menschen mit Behinderungen. Innerhalb des Unternehmens sind Menschen mit Behinderungen als nicht mehr wegzudenkende Arbeitskollegen fest integriert und arbeiten in der Logistik, Datenverarbeitung oder im Catering. Auch um den Jobeinstieg kümmert sich die Company verstärkt – zum Beispiel durch Praktika für Schüler*innen mit Lernbehinderung oder Kooperationen mit Förderschulen. Das Unternehmen sucht Zuwachs – schau in die verschiedenen Stellen rein!
Christoffel-Blindenmission Christian Blind Mission e.V.
Die Christoffel-Blindenmission (CBM) zählt zu den führenden Organisationen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland. Seit mehr als 100 Jahren setzt sie sich dafür ein, Behinderungen zu vermeiden und eine Welt zu gestalten, in der Menschen mit Behinderungen dieselben Chancen und Rechte haben wie alle anderen Menschen. So haben sie 2020 zum Beispiel die 15-millionste Operation des Grauen Star gefördert und medizinische Behandlung und Operationen für mehr als 4 Millionen Menschen ermöglicht. Aktuell sind diverse Stellen ausgeschrieben – schau mal rein!
Pro Retina Deutschland e.V.
Die Selbsthilfevereinigung von Menschen mit Netzhautdegenerationen mit bundesweit rund 6.500 Mitgliedern berät und informiert über Netzhauterkrankungen und Krankheitsbewältigung. Auch vernetzen sie Betroffene, fördern die Forschung und vertreten die Interessen von Menschen mit Netzhautdegenerationen. Die Arbeit wird von circa 400 ehrenamtlich Aktiven getragen. Netzhautdegenerationen oder -löcher können bei Nichterkennung langfristig zur Erblindung führen. Deshalb ist der Austausch und das Verständnis darüber so wichtig – immerhin haben 7,5 Millionen Menschen in Deutschland eine solche Kondition. Wenn dir die Mission der GoodCompany am Herzen liegt, schau in die Stellenanzeige!
AfB – social und green IT
AfB kümmert sich als Europas größtes gemeinnütziges IT-Unternehmen um einen nachhaltigen Umgang mit gebrauchten Geräten. Das impliziert eine zertifizierte Datenvernichtung, die fachgerechte Entsorgung defekter Teile und die Wiedervermarktung von funktionstüchtigen Geräten. Neben den ökologischen Aspekten übernimmt AfB auch eine soziale Verantwortung. Hier arbeiten Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung in einem nahezu ausgeglichenen Verhältnis eng zusammen. Natürlich sind alle Arbeitsschritte barrierefrei gestaltet und werde je nach Leistungsfähigkeit an die Mitarbeiter*innen verteilt. Damit mehr Unternehmen mit einem sinnvollen Inklusionskonzept zu einer gesamtgesellschaftlichen Teilhabemöglichkeit beitragen, unterstützt AfB andere Organisationen mit ihrer Expertise. Es wird Zuwachs für das Team gesucht – klick dich durch!
Dialogue Social Enterprise
Der Gründer Dr. Andreas Heinecke hatte vor knapp 20 Jahren eine geniale Idee, um der Ausgrenzung von blinden Menschen durch bestehendes Unverständnis entgegenzuwirken. Die Lösung war simpel und gleichzeitig extrem wirkungsvoll: bei einer Ausstellung im Dunkeln werden blinde Menschen zu den sehenden Gastgeber*innen und führen Menschen mit funktionierenden Augen durch einen lichtlosen Parcour. Dieser Rollentausch verhilft zu einer tiefergehenden Einsicht über die Wahrnehmung und Bedürfnisse von Menschen ohne Sehvermögen. Inzwischen ist dieses Konzept namens „Dialog im Dunkeln“ so erfolgreich geworden, dass das Angebot durch die Ausstellungen „Dialog im Stillen“ und „Dialog mit der Zeit“ erweitert wurde und somit auch Gehörlosen und alten Menschen Raum für Verständnis gibt. Dialogue Social Enterprise schafft mit den Projekten sinnvolle Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen und räumte verdienterweise eine Menge Preise ab, u.a. den Deutschen Gründerpreis 2011 und den Award für „Best Innovative und Out-of-comfort-zone event“ des YPOs (Young Presidents’ Organization).
Auticon
In Deutschland gibt es ca. 800.000 Autist*innen und 85 Prozent davon gelten als arbeitslos! Wie kann das sein, wenn diese Menschen doch mit ihrer überdurchschnittlichen Konzentrationsfähigkeit und einem ausgeprägten Denkvermögen unseren Arbeitsmarkt extrem bereichern könnten? Obwohl Autist*innen eigentlich von jedem technisch affinen Unternehmen heiß umworben werden müssten, scheitern viele Bewerbungsprozesse bei der sozialen Kommunikation, die für betroffene eine echte Herausforderung werden kann. Dirk Müller-Remus erkannte das unfassbar wertvolle Potenzial für die Qualitätssicherung und gründete mit Auticon ein IT-Beratungsunternehmen, das ausschließlich Autisten als Consulter einstellt. Dank ihrer herausragenden kognitiven Stärken sind sie eine wahre Bereicherung für komplexe und technische Berufsfelder. Gleichzeitig bringt das Unternehmen seinen Mitarbeiter*innen großes Verständnis entgegen, so dass sie ihr wertvolles Potenzial entfalten können, ohne sich dabei unwohl zu fühlen.
Discovering Hands
Menschen mit einem eingeschränkten oder gar nicht mehr vorhandenem Sehvermögen verfügen über einen ausgezeichneten Tastsinn. Diese Begabung machte sich der Gynäkologe Frank Hoffmann zu eigen und qualifizierte Frauen mit Sehbehinderung in einem Lehrgang zu medizinischen Tastuntersucherinnen. In seinem 2005 gegründeten Unternehmen Discovering Hands arbeiten sie als Abtasterinnen für Brustkrebsfrüherkennung. Dank ihres überdurchschnittlichen Feingefühls können sie kleinste Knoten ertasten und sind eine hoch geschätzte Entlastung für Frauenärzt*innen. Inzwischen arbeiten in Deutschland schon 60 Praxen mit dem Unternehmen zusammen. Weitere Projekte gibt es außerdem in Indien, Mexico, Kolumbien und Österreich.
Integra
Das Integrationsunternehmen Integra vermietet Partyausstattung und bietet einen Reinigungsservice. Unter den 60 Arbeitnehmer*innen sind 50% mit Behinderungen, die dank des barrierefreien Arbeitsplatzes ohne Probleme agieren können. Zusätzlich unterstützt Integra den Übergang zwischen Schule und Beruf für Förderschüler*innen mit spezifischen Berufsvorbereitungen und Orientierungshilfen. Hier gilt der Grundsatz: Inklusion in Arbeit, Mehrwert für alle. Denn die Berufe auf dem deutschen Arbeitsmarkt sind genauso vielfältig und individuell, wie die Menschen, die darin tätig sind.