Diversität

Was unsere Arbeitszeiten mit mehr Gleichberechtigung zu tun haben

Entweder zu viel oder zu wenig: Die meisten von uns sind nicht zufrieden mit ihrer Arbeitszeit. Warum das auch mit mangelnder Gleichberechtigung zusammenhängt

Vincent Halang

18.06.2018

Was unsere Arbeitszeiten mit mehr Gleichberechtigung zu tun haben

© Sai De Silva via unsplash.com

Manchmal sind es nur ein paar Stunden, die uns zum Glück fehlen. Und dabei ist es ganz egal, ob es paar Stunden zu viel sind, oder sie uns gar fehlen. Die Rede ist von sogenannten Arbeitszeitdiskrepanzen. Diese beschreiben den Unterschied zwischen der tatsächlichen Arbeitszeit und der, die man gerne hätte.

Nun werden die meisten sagen: Zu wenig Arbeitszeit? Das gibt es doch gar nicht! Und das stimmt für den Großteil der Menschen auch: Gesamtgesellschaftlich betrachtet liegt die tatsächliche Arbeitszeit sowohl bei Frauen als auch bei Männern über der gewünschten.

Während Frauen durchschnittlich etwa 32 Stunden pro Woche arbeiten, würden sie diese Zahl gerne auf ungefähr 30 reduzieren. Bei Männern ist das Verhältnis 41 zu 37 Stunden. Und da fangen die Probleme schon an.

Mehr Frauen wollen mehr Arbeit

Denn allein diese Zahlen zeigen, wie weit wir in puncto Arbeitszeit von echter Gleichberechtigung entfernt sind – ganze sieben Stunden pro Woche. Die Daten stammen aus einem aktuellen Kurzbericht vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), welcher sich mit den Gründen für Arbeitszeitdiskrepanzen befasst.

Dafür greifen Enzo Weber und Franziska Zimmert vom IAB auf die Daten des Sozio-oekonomischen Panels zurück, womit sich der Einfluss von Faktoren wie Kinder, Berufstätigkeit des Partners oder die eigene berufliche Autonomie auf die Entstehung von Arbeitszeitdiskrepanzen abgleichen lässt.

Dabei zeigt sich, dass sowohl etwa 40 Prozent der berufstätigen Männer und Frauen mit den eigenen Arbeitszeiten zufrieden sind. Der Anteil derjenigen Männer, die gefühlt zu viel arbeiten, sich also in einer sogenannten Überbeschäftigung befinden, liegt mit 50 Prozent allerdings deutlich über dem der Frauen (etwa 40 Prozent). Das heißt, dass der Anteil der Menschen, die gerne mehr arbeiten würden, derzeit in einer Unterbeschäftigung arbeiten, bei Frauen mit 20 Prozent doppelt so groß ist wie bei Männern.

Traditionelles Familienbild verhindert passende Arbeitszeiten

Doch damit noch nicht genug: Weber und Zimmert kommen in ihrer Analyse zu dem Ergebnis, „dass Haushalts- bzw. Familienverpflichtungen einen entscheidenden Beitrag zu weiblicher Unter- und Überbeschäftigung leisten, indem sie deren Auflösung verhindern“. Die in vielen Familien immer noch vorherrschende, klassische Rollenverteilung verhindert demnach eine Anpassung der Arbeitszeiten für Frauen.

Die Wissenschaftler*innen vom IAB haben glücklicherweise aber schon Lösungsvorschläge zur Hand: In erster Linien sehen sie die Arbeitgeber*innen in der Pflicht, da sie maßgeblich zur Auflösung von Arbeitszeitdiskrepanzen beitragen können. Flexiblere Arbeitszeitmodelle, eine leichtere Rückkehr von Teil- in Vollzeit oder sogenannte Langzeitkonten sind beispielsweise Instrumente, mit denen Arbeitnehmer leichter zu ihrer Wunscharbeitszeit kommen können.

Aber gerade mit Blick auf die mangelnde Gleichberechtigung sehen die Forscher auch in der Politik Handlungsbedarf: Besonders das Steuersystem mit seinem Ehegattensplitting und fehlende Kita-Plätze sorgen für Arbeitszeitdiskrepanzen. Die fehlenden Betreuungsmöglichkeiten für Kinder seien sogar ein treibender Faktor für die Unterbeschäftigung vieler Frauen. Wie sich das lösen lässt? „Partnerschaftliche Aufgabenteilung, umfassende und flexible Kinderbetreuungsmöglichkeiten sowie bessere steuerliche Anreize für eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit von Ehefrauen“, schreiben Weber und Zimmert in dem IAB Kurzbericht.

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