Entfalte dein Good Work Potenzial (6) – Was Erschöpfung mit Neuanfang zu tun hat
Was haben Glücksmomente und eine Teepause gemeinsam? Beide wollen dich darauf aufmerksam machen, dass es mehr gibt als funktionieren. Wie du Erschöpfung erkennst.
© Kinga Cichewicz via unsplash
New Work ist ein Sammelbegriff, der Prinzipien wie Holocracy, Design Thinking oder flexible Arbeitszeitmodelle vereint und innovative Methoden oder ganze Zukunftsbilder entwirft. Neben den aktuellen Entwicklungen wie Automatisierung, Digitalisierung oder Globalisierung ist ein Aspekt dabei von besonderer Wichtigkeit: Das Streben nach Sinn im Job! Wir glauben, dass Sinnhaftigkeit der Arbeit viel mehr im Zentrum der New Work Bewegung stehen muss. So wird aus New Work das zeitlose „Good Work“. Wie ihr euer Good Work Potenzial entfaltet, erfahrt ihr in dieser Artikel-Reihe. Diesmal geht es unserer Gastautorin Rike Bucher um den Zusammenhang zwischen Erschöpfung und Selbstfürsorge.
Eine kleine Stimme sagt „Nein“
Wir alle kennen das: „Bis zum Wochenende wollte ich noch die Wohnung auf Vordermann bringen, die Pakete abgegeben haben, den Artikel schreiben, die neue HR-Guideline an alle versandt haben, den Sponsor informieren über die nächste Runde, den für uns wichtigen Investor getroffen haben, die Welt retten…“
Unter den lautstarken Stimmen „Ich muss, ich muss …“ ist auch eine zarte, überhörbare, die mir ständig ins Ohr flüstert: „Ich würde aber gern auch mal wieder in die Sauna, relaxen, Freunde treffen, mich ausruhen, einen Tag auf der Couch in eine warme Decke gerollt nichts tun…“ Diese innere Stimme bekommt beim ersten Mal eine Klatsche: „Och, kann ich ja nächste Woche, nach der Anstrengung machen.“ Und sie lässt sich in der Tat vertrösten. Beim 2., 3., 4. Mal gibt es immer wieder Wichtigeres, als auf ihre Sehnsucht nach Balance zu hören. Beim 199. Mal aber macht es „Bang“ und ein Schmerz durchzieht deinen Magen, deine Schulter oder du bekommst Kopfschmerzen und Migräne. Noch ein paar 199. Male weiter quält dich eine Leere, ein Burnout, und du weißt gar nicht, wo es „so plötzlich“ hergekommen ist.
So oder so ähnlich arbeiten wir. Vom Kopf her wissen wir: „Ich müsste mal wieder einen Ausgleich schaffen“, aber weil es gesellschaftlich hoch angesehen ist, einfach weiterzumachen, Ziele zu erreichen, Erfolge vorzuweisen, denken wir an uns selbst zuletzt. Manchmal erst, wenn es gar nicht anders geht.
Erschöpfung in Zahlen
Jede*r zweite Bundesbürger*in fühlt sich von Burnout bedroht. Sechs von zehn Befragten klagen zumindest gelegentlich über typische Burnout-Symptome wie anhaltende Erschöpfung, innere Anspannung und Rückenschmerzen. Dies zeigt unter vielen anderen eine Umfrage der pronova BKK vom April 2018. Darin heißt es, dass ständiger Termindruck (34 Prozent), gefolgt von emotionalem Stress durch Kund*innen oder Patient*innen (30 Prozent), Überstunden und schlechtem Arbeitsklima (je 29 Prozent) Angststörungen und psychische Krankheiten auslösen können. Oder Frühverrentung. Rückenschmerzen, Müdigkeit, innere Anspannung und Schlafstörungen sind die häufigsten Vorboten.
Das kann auch die Regierung nicht kalt lassen, daher hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2017 eine Studie in Auftrag gegeben, die nicht nur neustes Zahlen auf den Tisch bringen sollte, sondern auch mehr als 18.000 Befragte nach ihren Erschöpfungs-Ursachen befragte.
Das sind die Ergebnisse der Wissenschaftler*innen für den Arbeitsmarkt:
- Am wohlsten fühlen sich Arbeitnehmer, wenn sie eigene Entscheidungen treffen können, ohne überfordert zu werden.
- Müssen sie dagegen häufig Überstunden machen, abends und am Wochenende arbeiten, drohen Burn-out, Erschöpfung, Ermüdung, Depression und Angst.
- Besonders belastet fühlen sich Mitarbeiter*innen, die in der Dienstleistungsbranche tätig sind (durch unzufriedenen Kund*innen etc.)
- Weiterer Stressfaktor sind rigide Chef*innen, die kritisieren, statt wertzuschätzen, die ihre Rolle als Unterstützer*in nicht wahrnehmen.
Wie können wir selbst vorbeugen
Wie können wir selbst vorbeugen, statt in die gleiche Falle zu tappen, wie schon so viele vor uns?
Die Lösung liegt verborgen unter unserem eigenen Mindset, unseren Gewohnheiten und gesellschaftlichen Vorbildern. Im Trubel der alltäglichen Herausforderungen ist es schwer, die Regie über unsere Bedürfnisse und Gefühle wieder zu erlangen und nicht alles zu glauben, was wir denken sollen!
Daher möchte ich dir einen Aha-Moment in 3 Schritten an die Hand geben, der es dir leicht macht, zu erkennen, wo du jetzt gerade stehst:
1. Selbstfürsorge heißt, im Laufe des Tages immer mal wieder inne zu halten und dich zu fragen: „Mangelt es mir an etwas?“ Sehne ich mich zum Beispiel nach frischer Luft oder einem heißen Tee ohne Gebrabbel des Radios, der Kollegen etc.?
2. Wichtig ist, im Laufe der Zeit ein Gespür für den Schaden, den der Mangel bei mir anrichtet, zu bekommen. „Wenn ich heute weiter ohne Pause arbeite, kann ich mich spätnachmittags nicht mehr konzentrieren.“ Rauszugehen, einen Kaffee um die Ecke zu trinken und dadurch Abstand zu gewinnen, macht dich produktiver und zufriedener. Denn das Mangel-Empfinden wirkt sich nicht nur auf deine Arbeitsergebnisse aus, sondern auch auf deine Zufriedenheit mit dir selbst.
3. Übernimm die Verantwortung für was auch immer du fühlst. Wir sind keine Maschinen und kein anderer, weder Chef*in noch Kolleg*in, kann dich unterstützen, wenn du selbst nicht deinen Wünschen entgegenkommst. Do it yourself (DIY) heißt hier, hilf dir selbst zuerst. Wenn du damit nicht weiterkommst, solltest du das Gespräch mit anderen, Freund*innen, aber auch HR oder anderen Unterstützern im Startup, Unternehmen, in der Organisation oder in deinem privaten Umfeld suchen.
In uns schlummern viele Facetten. Unser wahres Selbst ist immer mit unserem ganzen Potenzial verbunden. Dieses Potenzial hat nur dann eine Möglichkeit sich zu entfalten, wenn wir unsere Fähigkeiten, aber auch unsere Belastungen wahrnehmen können. Laufen wir zu lange auf Sparflamme, wird das Entfalten des Potenzials empfindlich gestört. Erkennen wir klar unsere Defizite, dann zeigen sie uns nur, dass es da nicht langgehen kann, wenn wir glücklich und produktiv sein wollen. Sicherlich lassen sich dann auch andere Wege finden, die uns weniger Energie kosten. Eine liebevolle Umgebung – und das kann auch ein Coaching sein – hilft dir, deinen eigenen Pfad herauszufinden. Ein Pfad, der dir Energie gibt und nicht nimmt. DIY oder mit Unterstützung, eine Erschöpfung zu „entlarven“ kann einen Neuanfang auslösen. Denn am Boden einer Erschöpfung steht immer eine Botschaft, die dein Leben bereichert und dir zu deinem ganz eigenen Stil verhilft.
Rike Bucher entfaltet als Coach das volle Potential von New Leadern. Ihre Themen sind: Intuition, Authentische Führung, Emotionale Kompetenz, Macht, New Work. Ihr Coaching verbindet Kopf mit Bauch, ihre Workation verbindet Sizilien mit Berlin.