Wohlbefinden ist das neue Glück
Das Wort "Glück" wird immer mehr zum Buzzword. Das ist gut, denn dadurch nimmt das Thema seinen verdienten Raum ein. Gleichzeitig wird das Wort jedoch für viele Menschen immer schwieriger zu erfassen. Aber das muss nicht sein.
© Rafael Heygster
Dickicht der Glücksratgeber
In Social Media schießen Accounts, die sich Themen wie Achtsamkeit, Sinn oder Glück widmen, wie Pilze aus dem Boden. Glücksratgeber gibt es bereits in Hülle und Fülle. Das ist gut so. Wichtig ist aber vor allem, dass all die Beiträge und Artikel einen echten Mehrwert stiften.
Das Dilemma des Wortes Glück
Immer dann, wenn ein Thema zunehmend an Relevanz gewinnt, wird es zusehends schwieriger, den Überblick zu behalten. Glück ist mittlerweile ein Buzzword, das das Interesse vieler Menschen auf sich zieht. Auch das ist gut so, denn diese Aufmerksamkeit hat das Thema mehr als verdient.
Nur gibt es ein Problem mit dem Wort Glück an sich. Der US-amerikanische Psychologe Martin Seligman bringt es auf den Punkt: "Glück ist eigentlich ein unglückliches Wort, denn niemand kann sich so richtig etwas darunter vorstellen." Was Glück bedeutet und wie es entsteht, ist nämlich höchst individuell.
Was Mario Götze vom Glück lehrt
Ein einfaches Beispiel ist das Tor von Mario Götze im Endspiel der Fußball Weltmeisterschaft 2014: Während im Moment des Tores viele Menschen in Deutschland ein großes Glücksgefühl erlebt haben, wird den Menschen in Argentinien zum Großteil das exakte Gegenteil widerfahren sein.
Dieses Beispiel zeigt zwei wichtige Aspekte von Glück auf:
1. Glück ist individuell.
Je nach Bewertung kann des Einen Glück auch des Anderen Leid bedeuten. Glück ist also immer an einen bestimmten Wert gebunden.
2. Ein Glücksgefühl ist zeitlich begrenzt.
Das Glücks- oder Unglücksgefühl, das viele Menschen im Zeitpunkt des Tores erlebt haben, hat nur über einen sehr begrenzten Zeitraum angehalten.
Ein Blick in die Wissenschaft
Will man die Entstehung von Glück nachvollziehen, dann hilft ein Blick in die Wissenschaft. Psycholog*innen sprechen anstelle von allgemeinem Glück oft von einer affektiven und einer kognitiven Ebene von Glück. Vereinfacht gesagt setzt sich Glück im psychologischen Verständnis nämlich aus einer affektiven, also einer emotionalen – und damit kurzfristigen – und aus einer kognitiven, also einer verstandsbedingten – und somit langfristigen – Ebene zusammen.
Ob eine Sache oder ein Ereignis nun als positiv oder negativ eingeordnet wird und dementsprechend dem Erleben eines Glücksgefühls zuträglich ist, hängt also von dem Wert ab, den eine Person ihr zuschreibt.
Anders ausgedrückt: Ob eine Person großes (oder überhaupt) Glück verspürt, wenn ein Tor bei einem Fußballspiel fällt, hängt davon ab, welchen Wert diese Person dem Sport an sich, dem Turnier, der betreffenden Mannschaft und so weiter einräumt.
Das Ende des Glücksrausches
Hat das Tor von Mario Götze im WM-Finale 2014 die Menschen in Deutschland im gleichen Maße langfristig glücklich gemacht wie in der kurzen Frist? Höchstwahrscheinlich nicht. Denn dieser Glücksrausch des Torjubels hat sich fast ausschließlich auf der emotionalen Ebene des Glücks abgespielt. Aber es ist eben die kognitive, also die verstandsbedingte Ebene des Glücks, die wirklich lange anhält. Sie wird häufig auch als Wohlbefinden oder Zufriedenheit bezeichnet. Diese Ebene des Glücks kommt nüchterner daher, sie ist weniger berauschend, fast sachlich oder rational.
Wohlbefinden ist Glück, das bleibt
Wenn es in unzähligen Artikeln, Büchern und Seminaren darum geht, "endlich glücklich zu werden", dann ist die wichtigste Frage, welche Ebene des Glücks hier angesprochen wird. Wer jedoch von vornherein versucht, ein hohes Wohlbefinden aufzubauen, ist in der Regel nicht weniger glücklich als andere Menschen. Er oder sie ist es aber vor allem eines: langfristig.
Im humansarehappy Podcast spricht Leonard Gabriel Heygster mit Menschen, die unterschiedlichste Sichtweisen auf die Themen Glück, Wohlbefinden & Zufriedenheit einnehmen. Die Erkenntnisse und Tools aus den Gesprächen stehen als Artikel im humansarehappy Magazin zur Verfügung.