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Im Bewerbungsgespräch: Darf man das fragen?

Das Bewerbungsgespräch ist die beste Gelegenheit für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen, sich zu beschnüffeln und beim Kennenlernen zu erfahren, ob man wirklich zueinander passt. Aber nicht jede Frage, die sich Personaler*innen vielleicht stellen, ist auch wirklich relevant für die Bewerbung – im GoodJobs Magazin erfahrt ihr, welche Nachfragen zulässig sind und wo die Grenzen liegen.

Nicole Michalak

21.12.2023

Zwei Menschen schütteln sich bei einem Bewerbungsgespräch in einem Bürosetting die Hände.

Mina Rad via Unsplash

Zur Vorbereitung für ein Bewerbungsgespräch gehört so einiges: Man ruft sich nochmal in Erinnerung, was man über den oder die mögliche*n Arbeitgeber*in in spe weiß und was man noch herausfinden möchte, man richtet sich her und man bereitet sich mental auf das erste Aufeinandertreffen vor. Dazu gehört auch, sich für Fragen zu wappnen, deren Antworten das Gegenüber gerne hören würde. Dabei muss man allerdings nicht alle Fragen auch wirklich beantworten: Das regelt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), im Alltag oft einfach Antidiskriminierungsgesetz genannt. Andere Fragen verletzen wiederum Persönlichkeitsrechte, die natürlich auch im Bewerbungsgespräch gelten – wie erkenne ich also unzulässige Nachfragen? Im GoodJobs Magazin haben wir für euch einige unzulässige Fragen gesammelt, auf die ihr nicht antworten müsst und auch, wie ihr auf sie reagieren könnt.

Die Klassiker – Fragen, die im Bewerbungsgespräch nie zulässig sind

Es gibt einige Fragen, von denen inzwischen gemeinhin bekannt ist, dass sie im Bewerbungsgespräch nichts zu suchen haben. Dazu gehören eindeutig:

➡️ Fragen nach der Ethnie oder Herkunft

➡️ Fragen nach der sexuellen Orientierung

➡️ Fragen nach der geschlechtlichen Identität

Diese Aspekte sind durch das AGG geschützt und in keinem Kontext relevant für eure berufliche Eignung – daher könnt ihr euch sicher sein, dass ihr auf derartige Fragen nicht antworten müsst. Dasselbe gilt auch, sollte beispielsweise die Familienplanung im Bewerbungsgespräch aufkommen.

Niemals in Ordnung: Fragen nach Familienplanung und Schwangerschaft

„Haben Sie denn noch vor eine Familie zu gründen?“, solche Nachfragen können vielleicht einfach vom Interesse des Gegenübers zeugen, sind aber im Bewerbungsgespräch fehl am Platz. Die Familienplanung hat nichts mit der Eignung der Bewerber*innen zu tun und kann im schlimmsten Fall zur Diskriminierung durch den oder die mögliche*n Arbeitgeber*in führen – beispielsweise, wenn eine junge Frau nicht eingestellt werden würde, weil das „Risiko“ einer Schwangerschaft für den oder die Arbeitgeber*in den Ausfall einer Beschäftigten bedeuten würde.

Nur bei legitimem Interesse: Politik und Glaube 

In einigen Fällen ist es jedoch weniger eindeutig, so beispielsweise bei Fragen zum Glauben oder zur politischen Haltung der Bewerber*innen. Generell gilt in solchen Situationen: Zulässig sind nur Fragen, die direkt auf die Eignung der Bewerber*innen für den Job abzielen und Aufschluss über die Qualifikationen und Erfahrungen der Bewerber*innen geben. So können die Grenzen des Fragerechts durch Arbeitgeber*innen gewahrt werden.

Wann also könnten politische Gesinnung oder Glaube relevant für meine zukünftigen Arbeitgeber*innen sein? Konfessionelle oder parteipolitische Institutionen können ein legitimes Interesse daran haben, ob man dieselbe politische Gesinnung oder Religion teilt. Aber Achtung! Auch dann muss die Antwort relevant für die zukünftige Tätigkeit sein. Während die politische Einstellung ihrer Mitarbeitenden in der Pressestelle eines Parteibüros durchaus wichtig sein kann, gilt das nicht im selben Maße für die Putzkraft desselben Büros.

Darf ein*e zukünftige*r Arbeitgeber*in nach Behinderungen fragen?

Einen weiteren Fall, in dem die Legitimität von der spezifischen Situation abhängig ist, stellt die Frage nach der Gesundheit der Bewerber*innen dar – ein besonders sensibles Thema. Zum einen gelten natürlich weiter die Persönlichkeitsrechte der Bewerber*innen, zum anderen schützt das AGG auch insbesondere vor Diskriminierung durch Behindertenfeindlichkeit. Generell darf also auch nicht nach einer bestehenden Schwerbehinderung gefragt werden – außer, sie hindert den oder die Bewerber*in daran, die zukünftige Tätigkeit auszuführen, beispielsweise weil die körperliche Belastung zu hoch wäre.

Sobald man sich jedoch in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, das länger als sechs Monate andauert, dürfen Arbeitgeber*innen nochmals nach bestehenden Schwerbehinderungen fragen, auch als Vorbereitung auf beabsichtigte Kündigungen, wie das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom Februar 2012 beschreibt.

Bewerbungsgespräche und Langzeitarbeitslosigkeit?

Während die Gesetzeslage in Deutschland also versucht, die Bewerber*innen so gut wie möglich vor Diskriminierung im Bewerbungsgespräch zu schützen, gibt es dennoch einige Fälle, die von der jeweiligen Situation abhängig sind und noch nicht abschließend geklärt wurden:

So zum Beispiel die Frage nach einer Langzeitarbeitslosigkeit. Das Mindestlohngesetz (MiLoG) regelt in §22 Abs. 4, dass Langzeitarbeitslose beim Wiedereintritt ins Berufsleben in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung nicht mit dem Mindestlohn vergütet werden müssen. Ob diese Aussicht auf eine günstigere Vergütung ein relevantes Interesse der Arbeitgeber*innen an der Langzeitarbeitslosigkeit ihrer Bewerber*innen begründet, ist nicht abschließend geklärt – daher ist auch noch nicht klar, ob diese Frage im Bewerbungsgespräch zulässig ist.

„Darf man das?“ – was tun bei unzulässigen Fragen?

Wenn man sich erst einmal im Bilde ist, welche Fragen in Ordnung sind und welche nicht, steht man als Bewerber*in jedoch bereits vor der nächsten Herausforderung – wie sollte ich auf unzulässige Fragen reagieren, falls es im Gespräch so weit kommen sollte?

Grundsätzlich hat man immer die Möglichkeit, darauf hinzuweisen, dass man auf derartige Nachfragen nicht antworten muss oder möchte. Natürlich kommt das jedoch nicht bei allen möglichen Arbeitgeber*innen gut an oder eventuell traut man sich in einem Bewerbungsgespräch auch nicht, so direkt zu sein. Was tun?
Als Bewerber*in hat man in solchen Fällen das Recht zur Lüge. Sollte es zur Anstellung kommen und danach aufkommen, dass im Bewerbungsgespräch gelogen wurde, ist man rechtlich geschützt solange die Frage auch wirklich unzulässig war und man keiner Offenbarungspflicht unterliegt – wie es zum Beispiel bei einem Wettbewerbsverbot der Fall ist.

Was im Bewerbungsgespräch wirklich zählt

Letztlich entscheidet man selbst, wie man damit umgehen möchte, wenn einem im Vorstellungsgespräch Fragen gestellt werden, die nicht gestellt werden dürfen. Wichtig zu wissen ist auf jeden Fall, bei welchen Nachfragen das auch so ist – denn eine gute Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch hilft nicht nur dabei, den persönlichen GoodJob zu finden, sondern gibt einem auch Selbstbewusstsein, um mit dem zu glänzen, was wirklich gilt: dein Know-How und deine Fähigkeiten.

 


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