Psychologie

Stress – wie er entsteht und welche Auswirkungen er auf uns haben kann

Wir kennen es alle: ein Vorstellungsgespräch, eine wichtige Abgabe oder ein voller Tag. Wie sich Stress anfühlt, wissen wir intuitiv. Doch was genau macht Stress aus?

Julia Dillan

28.02.2022

Person sitzt am Schreibtisch und arbeitet am Computer

Thought Catalog via Unsplash

Wir kennen es alle: ein Vorstellungsgespräch bei unserem Lieblingsunternehmen, eine wichtige Abgabe oder ein Tag voller To-Dos. Wie sich Stress anfühlt, wissen wir intuitiv. Doch wie entsteht er eigentlich, welche Arten von Stress gibt es und wie kann er sich auf unser (Arbeits)leben auswirken?

Was ist Stress überhaupt?

Stress ist eine (fast ausschließlich negative) Reaktion auf hohen Druck oder gestellte Anforderungen. Positiver Stress wird “Eustress” genannt, negativer “Disstress”. Manchmal kann auch eine stressige Situation dafür sorgen, dass wir leistungsfähiger und auch motivierter sind. Dann ist die Belastung zwar vorhanden, wird aber als positiv empfunden.

Was für Reaktionen kann der Körper entwickeln?

Kampf-oder-Flucht Reaktion: In Stresssituationen werden Hormone wie zum Beispiel Adrenalin und Noradrenalin ausgestoßen. Das macht uns vorübergehend leistungsfähiger, damit wir schnellstmöglich aus der Situation entkommen können.

Herausforderungs-Reaktion: Wenn wir es schaffen, uns zu fragen, ob die Situation wirklich gefährlich, beeinflussbar oder bloß unangenehm für die Beteiligten ist, kann eventuell auch positiver Eustress entstehen.

Tend-and-Befriend Reaktion: Wenn als Reaktion auf den Stressor Oxytocin freigesetzt wird (auch als Liebeshormon bekannt), werden wir mitfühlender, sozialer und mutiger. Wenn die Gesellschaft immer nur weggerannt wäre oder gekämpft hätte, wären wir als Spezies nicht so weit gekommen, auch die Carearbeit hat schon immer eine wichtige Rolle gespielt.

Und wie entsteht er?

Am Arbeitsplatz kann Stress durch Zeiten extremer Belastungen oder andere störende Bedingungen, wie ein ungeeigneter Arbeitsplatz oder ein Unwohlsein im Team, entstehen, Jede*r lässt sich von solchen Faktoren unterschiedlich beeinflussen, da auch das Maß an Kontrolle verschieden ist. So können zum Beispiel Menschen, die flexible Arbeitszeiten haben, besser auf Belastungen außerhalb des Arbeitslebens reagieren.

Wenn wir einem Stressor ausgesetzt sind, reagiert eine Region in unserem Gehirn – die Amygdala (auch Mandelkern genannt). Sie verarbeitet negative Emotionen – also auch Angst und Stress. Der Körper kann auf zwei Wegen reagieren: Das sympathische Nervensystem ist schnell, erhöht den Blutdruck, verstärkt den Stoffwechsel und baut Kohlenhydrate ab. Das Gehirn und die Muskeln sind besser versorgt, allerdings werden andere Körperfunktionen durch Hormone heruntergeregelt. Das endokrine System ist langsamer und regt den Hypothalamus im Gehirn an, Botenstoffe freizusetzen. Diese gelangen zur Nebenniere, welche auch das Stresshormon Cortisol ausschüttet. Dadurch wird der Zucker-Stoffwechsel angekurbelt und die Entzündungsreaktion unterdrückt.

Wenn der Stressor, also zum Beispiel ein wichtiger Termin, abgehakt ist, beruhigt sich der Körper gewöhnlicherweise schnell. Der Blutdruck geht wieder zurück und der Stoffwechsel normalisiert sich. Die Hormone bleiben etwas länger – was erst dann zu einem Problem wird, wenn wir immer wieder Stressoren ausgesetzt sind und so nie wirklich in den Normalzustand zurückkehren. Denn dann kann es sein, dass wir chronischen Stress entwickeln.

Welche Auswirkungen kann Stress im (Arbeits-)alltag haben?

Unternehmen und auch Arbeitnehmer*innen sollten die Vermeidung von Stress und die Risiken ernst nehmen. Er steht nämlich mit den sechs der häufigsten Todesursachen in Verbindung: Herz-Kreislauf-Versagen, Unfälle, Krebs, Lebererkrankungen und Suizid. 

In direkter Auswirkung erleben Menschen meistens eine eingeschränkte geistige Leistungsfähigkeit, sowie eine größere Anfälligkeit für Depressionen und andere psychische Erkrankungen. Aber auch die Angst vor Stress und den möglichen Auswirkungen belastet die Psyche enorm.

Chancen von positivem Stress können verbesserte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, höhere Motivation, eine hormonelle Verbesserung der Merk- und Lernfähigkeit des Gehirns und verbesserte Immunfunktion sein. Auch kann sich die Persönlichkeit durch stress-related-growth (posttraumatisches Wachstum) weiterentwickeln.

Häufige Symptome, auf die wir achten sollten, sind gesundheitliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Magenprobleme, Muskelverspannungen oder Schlafprobleme. Charakteristische Eigenschaften könnte ständige Unruhe; Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen; Flucht in Suchtverhalten; Unzufriedenheit im Job und die Einschränkung persönlicher Interaktionen sein. 

Chronischer Stress, insbesondere am Arbeitsplatz, kann langfristig zu einem Burnout führen. Um diesem zu begegnen ist es wichtig, Abstand zu bekommen und sich mit einer*m Ärzt*in oder Psychotherapeut*in in Verbindung zu setzen. Es kann genauso gut sein, dass Stress nur ein Symptom einer körperlichen Erkrankung ist, weshalb es wichtig ist, Symptome ernst zu nehmen. 

Wie können wir negativen Stress und diese Risiken vermeiden?

Auf persönlicher Ebene ist es hilfreich, sich der eigenen Schwächen und Stärken bewusst zu sein und zu lernen, Situationen so wie sie sind zu akzeptieren. Das ist meist leichter gesagt als getan, aber vielleicht kannst du das nächste Mal versuchen, die Herausforderungs-Reaktion abzurufen: Stelle dir die erwähnten Fragen, um dich selbst von der Situation zu distanzieren und sie von außen zu betrachten. 

Versuche, Probleme in kleinere Teile zu zerlegen und dir Zwischenziele zu setzen. Das kann dir auch helfen, an deinem persönlichen Zeitmanagement zu arbeiten und eventuell Auslöser zu erkennen. Es kann auch helfen, sich außerhalb des Arbeitsplatzes einen mentalen Ausgleich zu suchen und sich selbst in Positivität zu üben – egal ob in den eigenen Gedanken oder im sozialen Umfeld. Natürlich ist es auch eine gute Option, sich mit anderen auszutauschen – auch mit professionellen Fachleuten. Therapie ist nicht nur ein Weg, um Probleme zu behandeln, sondern auch, um sie vorzubeugen.

Im Unternehmen wird Stress und die Work-Life-Balance zu einem immer wichtigeren Thema. Die Gesundheit der Mitarbeiter*innen sollte jedoch in jeder Company an erster Stelle stehen. Optionen betrieblichen Gesundheitsmanagements sind zum Beispiel flexible Arbeitszeiten, regelmäßige Feedbackgespräche (auch über das persönliche Empfinden des Arbeitsumfeldes)  oder die Unterstützung der Gesundheit durch Zuschüsse für entsprechende Maßnahmen. 

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