Psychologie

Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz - die eigenen Ressourcen kennenlernen

Jede*r kennt diese Zeiten: Überforderung, lange Arbeitstage, Stress im Team. Ab wann leidet unsere mentale Gesundheit darunter? Ein einfaches Tool hilft bei der Reflexion.

Anthea Backfisch

08.11.2024

Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz - die eigenen Ressourcen kennenlernen

© You X Ventures via Unsplash

🤯 Jede*r kennt diese Zeiten, in denen Arbeit einfach nur zu viel ist: Überforderung, lange Arbeitstage, Spannung im Team. 2024 fühlten sich 70% der Deutschen im Job überfordert.

🤔 Ab wann leidet unsere mentale Gesundheit darunter und durch welche Faktoren kann Arbeit unsere mentale Gesundheit stärken? Wir zeigen dir ein einfaches Tool, mit dem du Arbeitsalltag eflektieren und Veränderung anstoßen kannst. 

Psychische Erkrankungen sind Grund #3 für Krankschreibungen

In den letzten zehn Jahren haben sich die Fehltage aufgrund von psychischen Erkrankungen verdoppelt. Dies liegt nicht nur daran, dass sich unsere Arbeitswelt in den letzten Jahren stark digitalisiert und virtualisiert hat und der Fokus mehr auf der psychischen, als auf der körperlichen Leistungsfähigkeit liegt. Auch die zunehmende Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen spielt in die Statistik mit rein. 

Was beeinflusst mentale Gesundheit am Arbeitsplatz?

Wie entsteht Mental Health? Eine Definition von Ressourcen und Stressoren

Ressourcen und Stressoren sind zentrale Konzepte, die das individuelle Stressempfinden stark beeinflussen.

💐 Ressourcen umfassen alle inneren und äußeren Mittel, die uns helfen, mit Belastungen umzugehen und sie zu bewältigen – etwa soziale Unterstützung, Selbstbewusstsein oder finanzielle Sicherheit. Sie stärken unsere Widerstandskraft und erleichtern es, stressige Situationen erfolgreich zu meistern.

😣 Stressoren hingegen sind Belastungsfaktoren oder Anforderungen, die Stress auslösen können, wie z. B. Zeitdruck, Konflikte oder hohe Erwartungen.

Die Balance zwischen Ressourcen und Stressoren ist entscheidend: Wenn unsere Ressourcen ausreichen, um den Stressoren entgegenzuwirken, empfinden wir weniger Stress. Überwiegen jedoch die Stressoren, kann dies zu erhöhtem Stressempfinden und langfristig sogar zu gesundheitlichen Problemen führen.

Welche Aspekte beeinflussen die mentale Gesundheit am Arbeitsplatz? 

Unser Arbeitsinhalt ist hier als Erstes zu nennen. Also zum Beispiel wie viel Verantwortung mir zugeschrieben wird, wie viel Handlungsspielraum ich beim Erfüllen meiner Tätigkeiten habe und welches Kompetenzerleben daraus resultiert. 

Dem Sinn unserer Arbeit wird ebenfalls ein hoher Stellenwert zugeschrieben und sorgt für nachhaltige Freude und Leistungsfähigkeit bei unseren Tätigkeiten.

Ebenso zählt, wie unsere Arbeit organisiert ist: Wie viel Mitgestaltungsmöglichkeiten habe ich? Wie viel und wie regelmäßig mache ich Pausen und sind meine Arbeitszeiten meinem Lebensstil entsprechend? 

Ein mitunter sehr relevanter Aspekt, welchen viele gerade durch die Corona Pandemie verstärkt wahrgenommen haben, ist das soziale Miteinander im Team: Anerkennung und Wertschätzung, Fairness und soziale Unterstützung. 

All das kann uns in unserem Arbeitsalltag als Ressource begegnen, aber leider auch oft als Stressor.

Reflexionsfrage: Wie sieht es bei dir aus? Was gibt dir Energie und stärkt deine mentale Gesundheit? Was stresst dich? 

Das Energiefass: Dein persönliches Energie-Assessment 

Die individuellen Belastungs- und Entlastungsfaktoren regelmäßig zu reflektieren ist auch ein wichtiger Aspekt der Selbstfürsorge

Einen Überblick, wie es um die eigenen Belastungs- und Entlastungsfaktoren steht, erhältst du mit dem Energiefass – eine Methode, welche den aktuellen Zustand unserer Ressourcen und Belastungen visualisiert und somit einen persönlichen Energiecheck liefert. 

So gehst du vor: 

1. Zunächst malst du dein Energiefass als Sinnbild deines persönlichen Energiehaushalts auf ein Blatt Papier. Zeichne hier intuitiv den Mittelwert deiner Energie bezogen auf deinen Arbeitsalltag der letzten Wochen oder Monate ein und überlege zu wie viel Prozent dein Fass gefüllt ist. 

2. Nun kannst du dir folgende Fragen stellen: Durch welche Arbeitsaktivitäten, -situationen fülle ich mein Energiefass? Welche oben genannten Faktoren geben mir Energie? Schreibe diese detailliert oben an den Zufluss deines Energiefasses.

3. Jetzt überlege dir, welche Arbeitssituationen dir immer wieder Energie ziehen und beschreibe diese detailliert. Als Anhaltspunkt können dir wieder die oben erwähnten Faktoren helfen.

4. Jetzt hast du einen Überblick darüber, was deine Energie und somit auch deine mentale Gesundheit beeinflusst. 

5. Im nächsten Schritt kannst du dir überlegen, welche ersten Maßnahmen zu ergreifen sind, um den Füllstand deines Energiefasses zu stabilisieren. Entscheide dich hier lieber für kleine, aber realistische Maßnahmen und Schritte und versuche nicht direkt deinen gesamten Arbeitsalltag neu zu strukturieren. 

So könnte dein Fazit des Energiefass aussehen

🕦 Deine Arbeitszeiten kannst du individuell nach deinen Bedürfnissen gestalten. Diese Freiheit füllt dein Energiefass.

🗣️ Was dir Energie zieht, sind Arbeitsunterbrechungen von Kolleg*innen oder eingehende Anrufe. Du kannst nicht konzentriert arbeiten. Eine Maßnahme könnte zum Beispiel sein, Focus Hours zu vereinbaren, also Stunden, in denen du ohne Störung arbeiten kannst. Was passt für dich?

Was dir Energie gibt oder dich stresst, ist ganz individuell und mit dieser Methode auch manchmal ganz überraschend. Probiere es doch einfach mal aus und gehe die ersten Schritte, deine mentale Gesundheit aktiv zu fördern!


Anthea Backfisch ist systemische Beraterin und Coachin im Netzwerk Beratung & Entwicklung und beendet gerade ihr Masterstudium in Public Health. Sie beschäftigt sich intensiv mit der Frage wie mentale Gesundheit in der Arbeitswelt gefördert werden kann, und berät dazu Unternehmen und Einzelpersonen.