Diversität

Equal Pay Day 2022: Lohngerechtigkeit und Digitalisierung

Die Digitalisierung wurde durch die Coronapandemie beschleunigt. Wie auch in der digitalen Arbeitswelt geschlechtergerechte Löhne umgesetzt werden können.

Julia Dillan // EPD Kampagnenteam

07.03.2022

Person sitzt in einem Café am Laptop und lacht

Brooke Cargle via Unsplash

Am 7. März ist Equal Pay Day. Der Tag markiert symbolisch die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes liegt sie bei 18 Prozent. Diese Zahl ist zwar seit 2017 gesunken, allerdings ist Deutschland noch immer eines der Schlusslichter in Europa. Die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen wächst mit dem Alter und führt in der Rente zu einem Gender Pension Gap, der je nach Datenlage zwischen 30 und 50 Prozent liegt – Deutschland hat den größten Gender Pension Pay Gap unter den OECD-Staaten.

18 Prozent ist noch immer viel zu viel!

Sprechen wir über die Zahl. Frauen arbeiten eben häufiger in Teilzeit oder in sozialen Berufen, heißt es oft. Die sind eben schlechter bezahlt. So ließen sich Unterschiede erklären. Nur, weil Unterschiede erklärbar sind, sind sie nicht gerecht. In den 18 Prozent Lohnlücke, die eine ganze Bandbreite an Ursachen abbilden, liegen wichtige Fragen an unsere Arbeits- und Lebenswelt verborgen. Wieviel ist uns welche Arbeit wert, wenn mittlerweile statistische Verfahren zeigen, dass die körperlichen Belastungen einer Pflegekraft denen eines Industriearbeiters gleichen? Wieso sind Berufe, die traditionell überwiegend Frauen ausüben, schlechter bezahlt? Warum verbringen selbst in Paarhaushalten ohne Kinder Frauen doppelt so viel Zeit mit dem „bisschen Haushalt“ wie ihre Partner? 

Alles individuelle freiwillige Entscheidungen, winken manche ab. Sollen die Frauen doch Programmierinnen werden. (Wer erzieht und pflegt dann eigentlich?) Der Mythos von den individuellen Entscheidungen verkennt die Komplexität des Problems der gerechten Bezahlung. Nicht nur, weil Berufe abgewertet werden je höher ihr Frauenanteil steigt. Der Sekretär und die Sekretärin sind ein schönes historisches Beispiel.  Der Beruf war zunächst männlich dominiert, auch weil Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts kaum Berufschancen hatten. Als er mehr und mehr von Frauen ausgeübt wurde, sank das Lohnniveau. Fazit: Die Lohnlücke lässt sich nicht erklären oder schließen, ohne gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Rollenbilder mitzudenken.  

Ist die digitalisierte Welt männlich dominiert?

Frauen üben im Durchschnitt seltener Tätigkeiten aus, die von Computern übernommen werden können, als Männer. So gehen Studien davon aus, dass Tätigkeiten in Fertigungsberufe, in denen hauptsächlich Männer beschäftigt sind, größtenteils von Maschinen übernommen werden können. Jedoch ist das zu pauschalisiert ausgedrückt, da die Digitalisierung auch eine Vielzahl an neuen Berufen schafft. Bedeutet das, dass die digitalisierte Welt die Türen noch weiter für Männer öffnet und somit kontraproduktiv für die Lohngerechtigkeit ist oder birgt sie große Chancen für die Geschlechtergerechtigkeit? 

Für mehr Lohngerechtigkeit in der digitalen Arbeitswelt

Technische Entwicklungen müssen keineswegs bereits vorhandene Diskriminierungen bedienen. Sie können hingegen diese besser sichtbar machen und zur Beseitigung beitragen, so zum Beispiel unbewusste Vorannahmen bezüglich des Geschlechts (unconscious bias) ansprechen und reflektieren. Wichtige Schritte in dieser Transformation sind die Entwicklung von Modellen für einen diskriminierungsfreien Einsatz von algorithmischen Systemen, die Förderung einer geschlechtergerechten Arbeits- und Organisationskultur, die Aufgabe der Präsenzkultur (damit Möglichkeiten des mobilen Arbeitens genutzt werden können) und die Weiterentwicklung des Entgelttransparenzgesetzes.

Der Digital Index 2020/2021 fordert gleiche Chancen bei digitaler Bildung, eine geschlechterneutrale Gestaltung pädagogischer Konzepte für Aus- und Weiterbildung sowie beruflicher Beratung und die Beteiligung von Frauen bei der Entwicklung mobiler Arbeitsprozesse. Dies alles geht nur unter Sicherstellung einer chancengleichen Bereitstellung der Ausrüstung (IT-Hardware und Tools). Wichtig ist: Wenn in bestimmten Branchen (wie zum Beispiel in der IT-Branche) Stellen geschlechtergerecht besetzt und bezahlt werden, kann auch vermehrter gegen die strukturelle Ungleichheit in anderen Branchen vorgegangen werden. Deshalb sollten auch Programmierungsteams divers aufgestellt und weibliche Gründungen gefördert werden.

Wir haben alle gemerkt, wie stark die Corona-Krise der Digitalisierung der Arbeitswelt einen gewaltigen Schub versetzt hat. Wir sollten die Chancen durch neue, agile Arbeitsformen, mobiles und flexibles Arbeiten, Social Entrepreneurship, aber auch technische und digitale Lösungen für körperlich schwere Arbeiten in verschiedenen Branchen für mehr Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt erkennen und nutzen. 

Der Equal Pay Day  wurde 2008 auf Initiative des Business and Professional Women (BPW) Germany e.V. erstmals in Deutschland durchgeführt. Entstanden ist der Tag für gleiche Bezahlung in den USA. Dort schufen 1988 Frauen mit der Red Purse Campaign ein Sinnbild für die roten Zahlen in den Geldbörsen. Hier könnt ihr die Kampagne und ihre Ziele unterstützen.  Weitere Informationen findet ihr unter www.equalpayday.de 

Zum Weiterlesen:

Equal Pay Day 2020: Warum Frauen nicht schlechter verhandeln