Deutsche sehen Sinn in der Arbeit
Was wollen Deutsche den nächsten Generationen empfehlen? Das hat eine repräsentative Studie im Auftrag der Zeit untersucht
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Die Studie im Auftrag der Zeit untersucht, was die heutige Generation den nächsten mit auf den Weg geben will. Das Ergebnis zeigt die Deutschen in einem sympathischeren Licht als gedacht
Erwerbsarbeit gehört zum zentralen Lebenspunkt der Deutschen – bei Frauen wie Männern. So lautet das Ergebnis einer repräsentativen Studie im Auftrag der Wochenzeitung Die Zeit, die das Institut für angewandte Sozialwissenschaft in Kooperation mit dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) mit über drei Tausend Teilnehmern durchgeführt hat.
Zunächst klingt das nicht verwunderlich – und entspricht auch dem Klischee des arbeitsamen, fleißigen Deutschen. Der Grund ist aber ein anderer. Arbeit muss für Deutsche nun keine reine Pflicht sein, sondern einen Sinn haben und am besten noch Spaß machen.
Besitzanhäufung ist passé
Das Einkommen spielt dabei einer weniger entscheidende Rolle als die Liebe zur Tätigkeit. Fast 60 Prozent der Befragten würden laut der Studie arbeiten, auch wenn sie das Geld nicht bräuchten. „Früher mag im Berufsleben das materielle Motiv im Vordergrund gestanden haben. Heute erfüllt die Arbeit auch einen immateriellen Zweck: Sie gehört im Empfinden der Deutschen zu einem erfüllten Leben einfach dazu. Die Menschen arbeiten nicht nur des Geldes wegen; viele haben das Gefühl, keinen weiteren Besitz anhäufen zu müssen. Trotzdem wollen sie arbeiten“, erklärt die Präsidentin des WZB Jutta Allmendinger.
Das zentrale Ziel der Studie war, anhand Empfehlungen der heutigen Deutschen Schlussfolgerungen für die nächsten Generationen zu verschiedensten Lebensbereichen zu ziehen; so lautet der Name der Studie „Das Vermächtnis“. Bei der Befragung stießen die Wissenschaftler auf optimistisch stimmende Ergebnisse.
Trotz der immer weiter auseinander driftenden Kluft zwischen Arm und Reich ist die Solidarität der Deutschen demnach stark ausgeprägt. Für die Forscher ist das ein „Bekenntnis zum Sozialstaat“. „Die Gemeinschaft soll für alle sorgen, es soll nicht das Recht des Reicheren herrschen“, so Allmendinger. Mit dieser Aussage identifizierten sich „Wohlhabende genauso wie Menschen, die wenig Geld haben, Gebildete genauso wie Ungebildete“.
Die Mehrheit ist bereit für Innovation
Die Ergebnisse der Studie greifen thematisch heutige Trends auf, die entweder bereits Realität sind oder sie bald werden können: gutes und gerechtes Leben, Arbeit mit Sinn statt Ausrichtung auf Profit und das damit zusammenhängende bedingungslose Grundeinkommen, den bewussten Lebensmittelkonsum.
Gleichzeitig soll das Leben in der Zukunft aber auch individueller geprägt sein; den Lebensentwurf sollen keine Institutionen, Traditionen oder Pflichtgefühle bestimmen. Heirat als Ausdruck der Liebe sowie Partnerschaft nur der Kinder wegen sind der Ansicht der meisten Befragten nach etwa obsolete Konzepte. Damit entsprechen die Werte weitgehend den Megatrends der Zukunft, über die enorm berichtet hat.
Insgesamt zeigte sich bei nahezu allen Befragten eine starke Bereitschaft für Innovation und Modernisierung sowie Empathie gegenüber Mitmenschen. Damit zeigen sich die Deutschen „in vielen Dimensionen überraschend sympathisch“, sagt Andreas Lebert, der Chefredakteur von Zeit Wissen.
Allmendinger betont, dass es sich bei der Studie um keine Zukunftsstudie handelt. Wie die Zukunft tatsächlich aussehen werde, könne man sowieso nur rätseln. Sollten die nächsten Generationen aber den Empfehlungen der heutigen folgen, dürften viele gesellschaftliche Probleme wohl zusammen mit ihren Verursachern verschwinden.