Nachhaltigkeit

Der Mittelstand – Hidden Champions im Nachhaltigkeitscheck

Unternehmensberaterin Manuela Teinert sieht enormes Zukunftspotenzial im Mittelstand. Sie hat sich der nachhaltigen Unternehmensführung verschrieben.

Mariana Thümmler

15.05.2019

Der Mittelstand – Hidden Champions im Nachhaltigkeitscheck

©  Zbynek Burival via unsplash

Mittelständische Unternehmen haben es oft nicht leicht: Uncool, verstaubt, hierarchisch – die Liste der Vorurteile ist lang. Falsch, sagt die Unternehmensberaterin Manuela Teinert. Sie hat sich der nachhaltigen Unternehmensführung verschrieben und sieht gerade im Mittelstand enormes Zukunftspotenzial.

Frau Teinert, was hat Sie dazu gebracht, sich auf nachhaltige Unternehmensführung in mittleren Betrieben zu spezialisieren?

Als gelernte Wirtschaftswissenschaftlerin habe ich mehr als 20 Jahre in den Bereichen Finanzen, Steuern und Recht gearbeitet – in großen Betrieben ebenso wie in mittelständischen, in der Digitalwirtschaft, für die öffentliche Hand und in der Industrie, im mittleren Management und als CFO. Mein Fazit ist: Der Mittelstand bringt alles mit, was notwendig ist, um menschen- und umweltschonend zu wirtschaften. Ich bin überzeugt davon, dass wir so, wie wir es jetzt tun, nicht weiter machen können. Unser Planet ist nicht unendlich und auch Menschen sind nicht grenzenlos belastbar. Wir brauchen einen Kulturwandel in der Wirtschaft.

Wie können mittelständische Unternehmen da Vorreiter sein?

Sie tragen Werte in sich, wie sie zeitgemäßer nicht sein könnten. Die Unternehmer haften mit ihrem Kapital, sie haben Interesse am fairen und nicht am vernichtenden Wettbewerb. Sie haben Gestaltungswillen – und greifen mit Freude auf den ihrer Mitarbeiter*innen zurück. Und sie sind in aller Regel familienfreundlich. Das sind geradezu ideale Bedingungen für Hochschulabsolvent*innen und Facharbeiter*innen, für Tüftler*innen und Kreative – und nicht zuletzt auch für Mütter und Väter. Das Problem: Nur wenige mittelständische Unternehmen machen öffentlich, wie attraktiv sie sind. Und ganz viele haben Luft nach oben, wenn es um Umweltschutz, nachhaltige Arbeitsorganisation und kommunikative Mitarbeiterführung geht.

Und da kommen Sie ins Spiel?

Genau. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier spricht in seiner Industriestrategie von „Zeiten der Transformation“. Meine Firma nachhaltigunternehmen hat schon vor dem Ministerpapier mit dem Nachhaltigkeitscheck ein Tool entwickelt, mit dem sich in jedem Unternehmen der Ist-Zustand erfassen lässt und der Wandel begleitet werden kann. 

Können Sie den Nachhaltigkeitscheck kurz erklären?

Mittels einer systemischen Betrachtung messen wir damit die aktuelle Nachhaltigkeitsleistung des jeweiligen Unternehmens. Und dabei geht es – ein bisschen überspitzt gesprochen – nicht nur darum, ob Abfall sauber entsorgt wird. Nachhaltigkeit, wie wir sie verstehen, hat das Ziel, das Unternehmen langfristig mit gutem Betriebsergebnis, freundlicher Unternehmenskultur und motivierten Mitarbeiter*innen am Markt zu halten. Beim Nachhaltigkeitscheck schauen wir also genau auf Strategien und Geschäftsmodelle, technologische Entwicklungen, Produkte, Unternehmensführung und Mitarbeiter*innen, ihre Kommunikation untereinander und nach außen sowie auf das Image des Betriebes. Dabei wird viel miteinander diskutiert – das ist ausdrücklich erwünscht. Am Ende haben unsere Kunden Klarheit darüber, wie alles miteinander zusammenhängt, wo sich Lücken auftun und an welchen Stellen wie gehandelt werden sollte.

Nicht nur mittelständische Betriebe leiden unter akutem Fachkräftemangel. Ziehen nachhaltig wirtschaftende Betriebe eher qualifizierte Mitarbeiter*innen an?

Unbedingt. Ich bin viel in Betrieben unterwegs und rede dort mit Menschen auf allen Hierarchie-Ebenen. Es werden immer mehr, die ganz genau hinschauen, wie mit ihnen umgegangen wird, wie das Unternehmen was produziert, wie es Abfall entsorgt und wo es Rohstoffe einkauft. Die Zeiten, in denen es hieß „Klappe zu, Arbeitsplatz behalten“ sind definitiv vorbei. Und immer mehr Beschäftigte mahnen eine vernünftige Work-Life-Balance an. 50-Stunden-Wochen – das Gegenteil von nachhaltig – sind keine Normalität mehr. Womit wir wieder bei der Nachhaltigkeit sind: Wer zufrieden lebt, ist in der Arbeit umso effektiver.

Wenn Sie mit all Ihrer Erfahrung einen Ausblick auf die Wirtschaft des Jahres 2040 wagen - was würden Sie gerne sehen?

Dann sähe ich gern gesunde Unternehmen mit gesunden Menschen in einer gesunden Umwelt. Aber für den Moment begleite ich mittelständische Unternehmen gerne auf dem Weg in die Nachhaltigkeit.

 

Manuela Teinert ist waschechte Berlinerin und hat Wirtschaftswissenschaften mit dem Schwerpunkt Betriebliche Steuerlehre studiert. Sie ist versiert in Restrukturierung, Krisenbewältigung und Sanierung und begleitete Unternehmen in deren digitalen Veränderungsprozessen. Ihr beruflicher Werdegang führte sie unter anderem zu PricewaterhouseCoopers, Immobilienscout24 und als CFO zu SES Energiesysteme. Gelingen wird der Wandel nur, wenn Unternehmer und Geldgeber künftig eine Sprache sprechen. Beide Seiten in ein Boot zu bekommen, ist das Anliegen von ihrer Firma nachhaltigunternehmen.