Psychologie

Bessere Zusammenarbeit durch Gewaltfreie Kommunikation

Eine gute Kommunikation in Konflikten ist das A und O, um Lösungen zu finden und sich als Team weiterzuentwickeln. Wir stellen euch das Modell der Gewaltfreien Kommunikation vor.

Julia Dillan

07.06.2022

Eine Handpuppe und ein Känguru kämpfen

Frank Busch via Unsplash

Das Teammeeting läuft nicht so wie geplant, Zeitabsprachen werden nicht eingehalten, der Flurfunk artet aus und schafft ein weniger wertschätzendes Arbeitsklima. Eine gute Kommunikation ist bei jeglichen Konflikten das A und O, um Lösungen zu finden und sich als Team weiterzuentwickeln. Doch wie können wir es schaffen, klar und empathisch zu kommunizieren oder den richtigen Ton zu treffen, um eine erneute Auseinandersetzung zu verhindern? Wir stellen euch heute ein Kommunikationsmodell vor, das simpler klingt, als es tatsächlich auszuführen ist, sich aber auf alle Bereiche des Lebens anwenden lässt – egal ob in der Kommunikation mit Kolleg*innen, der Familie oder aufgebrachten Kund*innen. Das Modell der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) kann mit etwas Übung sogar für richtige Freude am Streiten sorgen.

Gewaltfreie Kommunikation hat nichts mit physischer Gewalt zu tun

Der Psychologe Marshall B. Rosenberg entwickelte im Zuge der Amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in den frühen 1960er Jahren die Gewaltfreie Kommunikation, um der Segregation in Schulen und Institutionen friedvoll zu reversieren.

Wer kennt es nicht – wir sprechen mit Menschen über etwas, das uns beschäftigt, die Person reagiert aber ganz und gar nicht so, wie wir es erwartet hattet und lässt vielleicht noch einen spitzen Kommentar fallen. Schnell fühlen wir uns angegriffen und die Diskussion wird viel erhitzter, als es eigentlich hätte sein müssen. Gewalt in Kommunikation bleibt oftmals unsichtbar, nicht nachweisbar, hinterlässt aber auch noch lange Zeit später Wunden. Häufig spielen Missverständnisse eine große Rolle, dein*e Gegenüber hat das Gesagte ganz anders gemeint, als du es aufgefasst hast und dann seid ihr schnell daran, über ein ganz anderes Thema zu streiten. Nach Rosenbergs Auffassung von Gewalt sind auch Annahmen über die andere Person, Übertreibungen, Generalisierungen oder Schuldzuweisungen negative Treiber in der Kommunikation. 

Zur Praxis – Wie können wir in Konfliktsituationen empathischer kommunizieren?

Schritt 1: Beobachtungen und Beschreibungen

Klingt erst einmal simpel oder? Tricky wird es dann, wenn wir emotional und vielleicht auch aufgebracht sind. Der Kern liegt darin, jegliche Wertungen wegzulassen. “Ich habe beobachtet, dass du mich im Teammeeting übergangen hast” wird gleich zu einer Annahme darüber, was dein*e Gegenüber für eine Absicht hatte, bzw. dass es Absicht war. Versuche, dich wirklich auf Beobachtungen zu begrenzen: “Im Teammeeting gestern wollte ich den aktuellen Projektstand präsentieren, habe aber nicht genug Zeit zwischen den anderen Redeanteilen finden können.”

Schritt 2: Gefühle

Die Beobachtung liefert den grundlegenden Kontext für den Konflikt. Gehe nun aktiv darauf ein, was die Situation mit dir gemacht hat. Versuche, dich auf die Ich-Botschaft zu konzentrieren, denn für deine Gefühle ist kein anderer Mensch verantwortlich. Auch indirekte Schuldzuweisungen (“Ich fühle mich von dir übergangen.”) können das Gespräch in die falsche Richtung lenken. Stattdessen fühlst du dich vielleicht frustriert, enttäuscht, unsicher oder auch ärgerlich/ wütend? Wir werden uns selten aktiv bewusst über unsere Emotionen und Gefühle – das können wir üben. Speichere dir zum Beispiel eine Liste an Gefühlen auf deinem Laptop ab und werfe in Situationen immer mal wieder einen Blick darauf.

Schritt 3: Bedürfnisse

Genauso wie es für ein produktives Meeting ein Ziel braucht, ist es auch wichtig, die eigenen Bedürfnisse klar zu kommunizieren. Denn hinter jedem Gefühl, jeder Emotion, steckt ein Bedürfnis. In der Meetingsituation könnten deine Bedürfnisse zum Beispiel Anerkennung, Bestätigung, Wertschätzung, Zusammenarbeit, Mitteilung oder wahrgenommen zu werden sein. Bedürfnisse zu benennen kann herausfordernd sein, auch hierfür gibt es online diverse Listen, die helfen, uns der verschiedenen Bedürfnisse bewusst zu werden.

Schritt 4: Wunsch oder Bitte

Aus dem Konflikt ohne Ergebnis herauszugehen, wäre verschenkte Zeit. Wenn es wertschätzend und offen formuliert ist, kann eine Bitte hilfreich für dein*e Gegenüber sein. Wichtig: Es muss konkret und machbar sein. So könntest du zum Beispiel darum bitten, im nächsten Meeting vor und nach den eigenen Redeanteilen nach Ergänzungen zu fragen und eine kurze Pause einzubauen, damit andere die Gelegenheit bekommen, sich zu beteiligen.

Effektive und empathische Zusammenarbeit – ein wahrer Karriereboost

Mit etwas Übung können wir unsere Zusammenarbeit auf ein ganz neues Level heben. Falls es dir zu Beginn schwer fällt, alle vier Schritte zu kommunizieren, kannst du auch mit Schritt 1 und/oder 2 starten und dann schauen, wie dein*e Gesprächspartner*in darauf eingeht. Wenn du merkst, dass du oder die andere Person doch noch viel zu aufgehitzt ist, ist es keine Schande, sich ein bisschen mehr Zeit zu nehmen, um die Situation sacken zu lassen.

Im Berufsleben können wir mit der GFK viel erreichen – wenn sich zum Beispiel herausfordernde Kund*innen gesehen fühlen, wird schneller Frust abgelassen und es kann gemeinsam an einer Lösung gearbeitet werden. Sich Bedürfnissen bewusst zu werden, kann auch dabei helfen, Neukund*innen zu akquirieren oder die Bindung mit Langzeitkund*innen zu stärken. Genauso sind Teams, die offen und wertschätzend kommunizieren, nachweislich motivierter und arbeiten effizienter zusammen. 

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