Mentale Gesundheit im Beruf

Trauer am Arbeitsplatz

Trauer macht auch vor dem Büro nicht Halt – ob nach einem Verlust oder in schwierigen Lebensphasen. In diesem Artikel teilt Trauer-Expertin Caro wertvolle Einblicke und praktische Tipps, wie Betroffene, Kolleg*innen und Führungskräfte sensibel mit Trauer im Job umgehen können.

Carolin Junge

28.05.2025

Ein trauriger Mann sitzt auf einem Sofa und wird von einer Kollegin mit Notizblock tröstend am Arbeitsplatz begleitet – Trauer am Arbeitsplatz.

© Alex Green via Pexels

Wenn Trauer mit am Schreibtisch sitzt – zwischen Meeting und Menschsein

Trauer hat viele Gesichter. Manchmal füllt sie ein Tränenmeer nach dem anderen. Manchmal schleicht sie auf leisen Sohlen umher, immer dabei, aber nie richtig präsent. Manchmal hat sie die Schlagkraft eines Preisboxers. Dabei macht sie auch vor dem Büro nicht Halt. Klammheimlich setzt sie sich auf den Stuhl neben der Kollegin oder kommt mit dem Kollegen ins Meeting.

Trotzdem glauben wir oft: „Emotionales, Persönliches, das muss ich privat regeln." Weil im Job Professionalität gefragt ist. Leistungsbereitschaft. Fokus. Funktionieren. Als ob wir an der Bürotür abgeben könnten, was uns innerlich auffrisst.
Spoiler: Können wir nicht. Und das sollten wir auch nicht. Denn unser Arbeitsplatz befindet sich nicht außerhalb des Lebens – er ist mittendrin. Das wissen wir umso besser, seit viele von uns im Homeoffice arbeiten. Wenn wir über Sinn, Menschlichkeit und Werte im Job sprechen, dann müssen wir auch über das sprechen, was wehtut. Über das, was bleibt, wenn etwas anderes geht.

Und damit meine ich nicht nur den Tod. Trauer kann sich auch am Ende einer Beziehung finden, bei einer schweren Diagnose, mit dem Abschied von einer Zukunftsvision. Auch das sind Verluste. Auch die tun weh. 

Was Trauer eigentlich ist, wie sie aussieht, wie sie sich anfühlt, wie wir damit umgehen können. Allein und gemeinsam. Als Betroffene und als Kolleg*innen. Im Job und im Leben. Darum geht’s in diesem Artikel.

Warum fühlt es sich so schwer an, mit Trauer umzugehen?

Trauer ist etwas ganz Natürliches. Es ist die Reaktion auf den Verlust von jemandem oder etwas, das uns wichtig war – insbesondere beim Tod bzw. Verlust einer nahestehenden Person, eines Lebewesens oder auch einer Vorstellung von der Zukunft.

Doch wenn Trauer natürlich ist, warum fühlt es sich dann trotzdem so schwer an, mit ihr umzugehen? Falls du das Gefühl kennst: Du bist damit nicht allein! Es geht ganz vielen Menschen so und dafür sollte sich niemand schämen müssen. 

Eigentlich ist es sogar naheliegend, dass wir uns mit Tod und Trauer schwer tun. In unserer Kultur ist die Trauer still. Sie bleibt für sich, sie möchte nicht öffentlich besprochen werden. Sie bekommt ihren Platz unter einem großen, dicken Fransenteppich zugewiesen und bleibt da bitte auch. 

Ja, Trauer ist ein Tabuthema. Dementsprechend haben die meisten von uns nicht oder nur spärlich gelernt, offen darüber zu sprechen. Wie also soll es uns plötzlich möglich sein, auf Trauer zu reagieren? Woher sollen wir wissen, “wie man eigentlich trauert” oder wie man mit Trauernden umgehen kann, wenn wir das in unserem Umfeld nur selten beobachten können?

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Die Extraportion Schwierigkeit: Wenn Trauer am Arbeitsplatz auftaucht

Umso anspruchsvoller wird es, wenn die Trauer plötzlich zur Bürotür hereinspaziert kommt. Klopf, klopf, Tür auf. Unvorbereitet steht man da, nichtsahnend und hat eine*n trauernde*n Kolleg*in vor sich. Dann kann es sich ganz schön schwer anfühlen, angemessen darauf zu reagieren. Nicht nur, dass man sowieso schon Angst hätte, etwas Falsches zu tun oder zu sagen.
Am Arbeitsplatz stellen sich auch noch die Fragen:

❓ Befinden wir uns jetzt auf der professionellen Ebene oder auf einer Beziehungsebene?
❓ Welche Art von Nähe und Empathie ist hier angemessen?
❓ Was ist zu nah, was zu distanziert?

Genau für solche Situationen findest du in diesem Artikel einige Impulse, wie du mit Trauer umgehen kannst – ob du selbst betroffen bist oder ein*e Kolleg*in. Denn die Erfahrung zeigt: Ein bisschen Trauerwissen und Know-how über kleine Dos & Don’ts, können uns im Umgang mit der Trauer schon viel mehr Sicherheit geben. Versprochen!

 

Wie sich Trauer zeigt und warum sie überhaupt nicht immer Schwarz trägt

Viele Menschen haben ein klares Bild von Trauer vor Augen. Sie umgibt sich mit zerknitterten Taschentüchern, hat verweinte Augen und eine zitternde Stimme. 

Doch halt, das ist längst nicht alles. Trauer ist nicht nur Traurigkeit. Auch wenn das wortwörtlich nah beieinander liegt. Das, was die Trauer schwer greifbar macht, ist nämlich der Umstand, dass sie alle Ausprägungen kennt. Sie hat unendlich viele Gesichter. Ja, manchmal ist sie die sichtbare Traurigkeit in Person. Und manchmal ist sie ein Phantom. Nur spürbar, irgendwo zwischen Konzentrationsproblemen, plötzlicher Gereiztheit und endloser Leere.

Trauer kann müde machen. Und wütend. Sie kann lähmen oder rastlos machen. Auf den Magen schlagen oder auf den Schlaf. Sie kann dazu führen, dass du drei Stunden auf eine Excel-Tabelle starrst, ohne eine einzige Zahl zu verstehen. Oder dass du auf einmal bei einer Projektbesprechung einen riesigen Kloß im Hals hast und kein Wort mehr rauskommt.

Und weißt du was? All das ist normal. Weil Trauer kein „richtig“ kennt. Und kein „falsch“. Sie ist nicht logisch, sie ist nicht planbar und sie folgt auch keinem starren Ablauf. Es gibt keinen Schalter, der zuverlässig nach sechs Wochen wieder auf „okay“ springt. Auch wenn viele sich das wünschen würden.

 

„Jede*r trauert anders.” ist keine Floskel, sondern der Leitsatz.

Geprägt durch Erfahrungen, Kultur, Erziehung, Persönlichkeit, hat also jede*r von uns eine eigene Art, mit Verlusten umzugehen. Es gibt Menschen, die in ihrer Trauer zu Eis erstarren. Manche suchen Nähe, andere ziehen sich zurück. Und einige stehen am nächsten Tag wieder im Büro und vermitteln den Anschein als wäre nichts gewesen.

All das ist okay.

Für die einen ist das Büro ein willkommener Zufluchtsort, an dem sie die Trauer einfach mal für ein paar Stunden abschütteln und ihre Gedanken mit Tabellen, Meetings und E-Mails auf Trab halten können. Für die anderen ist es unvorstellbar, bald wieder in eine Normalität von geregelten Arbeitszeiten und Smalltalk im Büro zurückzukehren, obwohl ihr Leben sich wie ausgehebelt anfühlt.

🙏 Wichtig ist: Man kann niemandem vorgeben, was er oder sie mit der Trauer zu tun hat. 

🫶 Was wir stattdessen brauchen? Verständnis. Raum. Und die Erkenntnis, dass der eigene Umgang mit Verlust nicht dem des anderen gleichen muss. Auch am Arbeitsplatz. Ganz besonders am Arbeitsplatz – schließlich verbringen wir hier einen großen Teil unserer Lebenszeit.

Wie das konkret aussehen kann? Das schauen wir uns jetzt an.

Ein trauriger Mann vergräbt das Gesicht in den Händen.

©Alex Green via Pexels 
Trauer hat viele Gesichter. Sie kennt kein „richtig" und kein „falsch". Niemand kann dir vorschreiben, wie du mit deiner Trauer umgehen sollst. Wie viel du davon am Arbeitsplatz teilen möchtest, ist deine Entscheidung. 

 

Wenn du selbst betroffen bist: Trauern und trotzdem arbeiten – (wie) geht das überhaupt?

Bis hierhin haben wir erfahren, wie Trauer daherkommt und dass sie auch an den Arbeitsplatz gehört. Doch wie kann das eigentlich aussehen? Es gibt so viele Fragen und Unsicherheiten zu diesem Thema. Deshalb schauen wir uns ganz konkret einige Fragen an, die sich Trauernde im Arbeitskontext stellen:

„Muss ich meine*n Vorgesetzte*n über einen Trauerfall informieren?”

Nein, das musst du nicht. Diese Entscheidung liegt ganz bei dir. Es kann aber hilfreich sein, damit dein*e Vorgesetzte*r und/oder dein Team dich unterstützen oder einfach nur etwas aufmerksamer für deine Bedürfnisse sein können.

Falls sich das in deinem Arbeitsumfeld oder für dich persönlich nicht gut anfühlt, ist das aber auch völlig okay.

„Wie viel von meiner Trauer darf ich bei der Arbeit zeigen?”

Das hängt stark von deinem Arbeitsumfeld ab – und davon, womit du dich wohlfühlst. Im besten Fall darfst du auch bei den Kolleg*innen so viel von deiner Trauer zeigen, wie es sich für dich sicher anfühlt. Du musst dich nicht erklären. Du kannst. Und du darfst selbst entscheiden, wie viel du teilen möchtest. Ein einfaches „Ich habe gerade eine schwere Zeit.“ reicht oft schon.

Aber, und das ist wichtig: Nicht jede*r arbeitet in einem Umfeld, das offen ist für Emotionen am Arbeitsplatz. Leider. Das kann auch mit Sorgen einhergehen wie: „Was, wenn sie denken, ich bin nicht belastbar?

Deshalb: Du darfst dich so zeigen, wie du dich sicher fühlst in deinem Arbeitsumfeld. Wenn du einen sicheren Rahmen hast, kannst du ihn vielleicht als Unterstützung nutzen. Aber du bist auch nicht „komisch“, wenn du vorsichtig bist. Trauer braucht keinen Beweis, um real zu sein.

„Darf ich überhaupt wieder lachen?”

Ja. Und zwar ohne schlechtes Gewissen. Du darfst weinen, lachen, schweigen, fluchen. Manchmal alles an einem Tag. Trauer ist nicht linear – sie überrascht. Und sie nimmt sich Räume, die man nicht immer kontrollieren kann.

Humor ist keine Respektlosigkeit. Manchmal ist Humor einfach eine Strategie, um die Schwere der Trauer irgendwie tragen zu können.

„Wie sage ich meinem Team, was ich brauche?”

So, wie du kannst. Das darf auch unfertig klingen. Du musst nicht mit einem perfekt formulierten Kommunikationsplan um die Ecke kommen. Es reicht, kleine Orientierungshilfen zu geben:

  • „Ich bin wieder da – aber nicht ganz ich selbst.“

  • „Ich brauche zwischendurch Rückzug – das hat nichts mit euch zu tun.“

  • „Ich sag Bescheid, wenn mir danach ist, darüber zu sprechen.“

  • „Es ist mir wichtig, dass ihr Bescheid wisst. Aber ich möchte hier im Arbeitskontext nicht darüber sprechen.”

Menschen meinen es oft gut, aber wissen nicht, wie sie mit dir umgehen sollen. Dann kann es hilfreich sein, ihnen ein bisschen die Richtung zu zeigen. 

Möchtest oder kannst du nicht mit dem ganzen Team über deinen Verlust sprechen? Dann könntest du auch nur deine*n Vorgesetzte*n um ein vertrauliches Gespräch bitten, und mit ihm*ihr besprechen, wie er*sie und das Team dich bei deiner Rückkehr ins Büro unterstützen können.

„Und wenn ich einfach nichts mehr auf die Reihe kriege?”

Dann ist das kein persönliches Versagen – sondern ein verdammt verständlicher Zustand.
Trauer ist nicht „nebenbei“. Sie ist Vollzeit. Sie kann Energie, Konzentration und Fokus in Mitleidenschaft ziehen.

Wenn du das Gefühl hast, du drehst dich nur noch im Kreis – sprich es aus. Vielleicht hilft eine Übergangslösung. Vielleicht eine Entlastung im Team. Vielleicht eine Verlängerung der Freistellung, wenn möglich. Oftmals ist viel mehr möglich, als man glaubt, wenn man sich traut, darüber zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen sucht.

Wenn du eine Führungskraft / Kolleg*in bist: Wie redet man denn jetzt miteinander?

Wenn ein*e Kolleg*in trauert, kann das eine ganz schön herausfordernde Situation sein. Man ist menschlich miteinander verbunden – dennoch steht man sich vielleicht nicht so nahe, dass man sich problemlos auf emotionaler Ebene begegnet. Gerade dann kann es sich anfühlen, als hättest du ein Brett vor dem Kopf. Wie trittst du trauernden Kolleg*innen nun gegenüber? Was kannst du sagen? Steht es dir überhaupt zu etwas zu sagen?

Ja, Trauer macht oft sprachlos. Auch die Menschen drumherum. Was kannst du bzw. ihr als Team also für eine*n Kolleg*in tun, die trauert?

Was du als Führungskraft konkret für trauernde Kolleg*innen tun kannst:

  • Unterstützung anbieten: „Wenn du etwas brauchst – egal ob Support oder einfach kurz Ruhe – komm gern zu mir.“

  • Gerüchte unterbinden, wenn jemand öfter fehlt.

  • Nicht nur mitfühlen, sondern mitdenken: bei Freistellungen, Rückkehrgesprächen, Übergangszeiten.

Was du als Kolleg*in konkret für trauernde Kolleg*innen tun kannst:

  • Verstehen und annehmen, dass du die Trauer nicht besser machen kannst. (Auch wenn diese Erkenntnis schwer auszuhalten ist.)

  • Du kannst aber da sein. 

  • Und du kannst da bleiben. 

Das klingt simpel. Aber zu zeigen, dass du deine*n Kolleg*in mit dieser schwierigen Situation siehst und für ihn oder sie da bist, ist sehr viel Wert. 

Das heißt: Auch wenn es dir schwer fällt, tauche nicht einfach ab. Viele haben Angst etwas falsch zu machen oder etwas Falsches zu sagen und sagen dann vor lauter Unsicherheit lieber gar nichts. Doch oft ist genau das sehr verletzend für Trauernde, es kann das Gefühl des Alleinseins nach einem Verlust noch verstärken.

Eine Gruppe steht mit dem Rücken zur Kamera und umarmt sich.

© Canva
Wenn ein*e Kolleg*in seine / ihre Trauer mit dir teilt, kann das überwältigen. Mach dir bewusst, dass du die Trauer vielleicht nicht nehmen kannst - du kannst aber durch kleine Gesten da sein und die Person so unterstützen, wie sie es braucht. 

 

Hier ein paar Antworten auf Fragen, die du dir vielleicht stellst.

❓„Was kann ich sagen, wenn ich wirklich nicht weiß, was?

Hier ein Vorschlag von mir: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll – aber ich möchte, dass du weißt, dass ich an dich denke.“

Das ist ehrlich. Und genau darum geht’s. Es muss kein pathetischer Monolog sein. Ein einfacher Satz wie dieser zeigt: Ich sehe dich. Ich bin da. Ohne dich zu überrollen.

❓„Was sollte ich besser nicht sagen?”

Es gibt Sätze, die klingen zwar tröstlich, bewirken aber oft das Gegenteil, sowas wie:

  • „Das wird schon wieder.“

  • „Die Zeit heilt alle Wunden.“

  • „Sei froh, dass du so viele schöne Erinnerungen hast.“

  • „Andere haben es schlimmer getroffen.“

  • „Jetzt musst du stark sein.“

Solche Sätze machen klein, was gerade riesengroß ist. Und sie schieben die Trauer in eine Schublade, in die sie einfach nicht passt. Wenn du zweifelst, frage dich: Würde ich diesen Satz hören wollen, wenn ich in tiefem Schmerz stecke?

❓„Wie kann ich konkret unterstützen?”

Nicht jede*r will über den Verlust reden und die Trauer lässt sich oftmals gar nicht in Worte fassen – aber viele Trauernde freuen sich über spürbare Rückendeckung. Zum Beispiel:

  • Eine kurze Nachricht: „Mach dir keinen Stress wegen XY – ich behalte das im Blick.“

  • Ein mitgedachtes „Ich hab Kaffee für dich mitgebracht.“

  • Ein offenes Ohr zum aktiven Zuhören – auch wenn es nicht gleich benutzt wird.

  • Die Bereitschaft, mitzutragen – und nicht zu drängen.

  • Fragen, was der*die Trauernde brauchen könnte. 

Wichtig ist hier: Hilfe anbieten, aber nicht aufdrängen. Fragen statt voraussetzen.

❓ „Ich habe Angst, etwas falsch zu machen.”

Das ist absolut verständlich und so geht es vielen Menschen im Umgang mit Trauernden. Vielleicht hilft es dir, daran zu denken:

  • Du bist nicht allein mit deiner Unsicherheit.

  • Es geht nicht darum, richtig zu reagieren.

  • Es geht darum, überhaupt zu reagieren.

Auch ein stiller Blick, ein kurzes Zunicken im Flur, ein aufmerksames „Wie geht’s dir heute?“ – das alles ist oftmals mehr als genug.

Was meistens hilft: Fragen, was er oder sie sich wünscht.

Dazu gibt es ein paar kleine, aber hilfreiche Leitlinien, was du vermeiden solltest.

❓„Was sollte ich besser vermeiden?”

Hier geht es nicht um klare Vorgaben, sondern um Leitplanken, die dir helfen können, deinen Umgang mit Trauer einzusortieren – und auch die Angst vor Fehlern zu verlieren. Was du vermeiden solltest:

  • Abtauchen, vor Angst, Fehler zu machen.

  • Die Gefühle oder den Prozess der Trauer bewerten.

  • Die Ablehnung deines Hilfsangebotes persönlich nehmen. 

  • Schnelle Vergleiche zu eigener Trauererfahrung ziehen.

 

Was Unternehmen für Trauernde tun können: Haltung zählt.

Wir wissen bereits: Trauer ist nicht nur Privatangelegenheit, denn natürlich nehmen wir solche Einschnitte in unserem Privatleben auch mit zur Arbeit. Ob wir das nun wollen, oder nicht.

Und doch sind viele Unternehmen auf den Umgang mit Trauer nicht vorbereitet. Selten finden sich klare Regelungen oder eine offene Gesprächskultur. Ja, es braucht ein bisschen Mut, sich proaktiv mit einem Tabuthema zu beschäftigen. Aber es lohnt sich. Denn der Umgang mit Trauer betrifft jedes Unternehmen (auch wenn sie bisher noch nicht sichtbar war). Ob Mitarbeitende Angehörige verlieren, eine schwere Diagnose erhalten oder durch Lebensumbrüche aus der Bahn geraten: Die Frage ist nicht, ob es passiert – sondern wie gut das Umfeld vorbereitet ist, wenn es passiert. Und das wiederum ist ein Zeichen großer Wertschätzung und einer wirklich starken Unternehmenskultur.

Was also können Unternehmen konkret tun, um besser mit Trauer am Arbeitsplatz umzugehen?

1. Klare Prozesse statt stiller Erwartungen

Es braucht mehr als Mitgefühl im Einzelgespräch. Es braucht strukturelle Klarheit.
Zum Beispiel über Freistellungsregelungen über gesetzliche Mindeststandards hinaus, flexible Rückkehrmodelle nach einer Auszeit, Kommunikationsverantwortliche oder auch zusätzliche Unterstützungsangebote wie Trauerbegleitung.

Ein klares „Das ist hier möglich.“ gibt allen Beteiligten Sicherheit und ist ein ganz starkes Zeichen für Menschlichkeit am Arbeitsplatz.

2. Führungskräfte vorbereiten

Führungskräfte sind oft die ersten Ansprechpersonen. Es ist also hilfreich und ratsam, ihnen das notwendige Know-how an die Hand zu geben, z.B in Workshops, mit Formten zur Sensibilisierung oder Leitfäden – nicht als Pflichtübung, sondern als Tool, um professionell und gleichzeitig menschlich reagieren zu können.

Denn: Gute Führung zeigt sich vor allem dann, wenn Menschen nicht "funktionieren".

3. Trauer sichtbar machen – als Teil von Unternehmenskultur

Trauer (genau wie andere Themen mentaler Gesundheit) als Unternehmen bewusst mitzudenken, sendet eine klare Botschaft: „Du bist als Mensch hier. Mit allem, was dazugehört.“

Das beginnt bei einer offenen Kommunikationskultur – und endet vielleicht bei einem kleinen Rückzugsort, der zum Stillen oder Beten genauso da sein kann wie zum Innehalten, Weinen und Durchatmen.

 

Ein Fazit to go für alle: Öffnet euch für Gespräche über Trauer

Trauer ist nicht unser liebstes Thema und wird es wohl auch nie sein. Aber sie ist da. Sie folgt uns in unsere Video Calls und flackert manchmal genau dann auf, wenn die Kaffeemaschine streikt. Unternehmen sind eben keine Räume, die frei sind von privaten Herausforderungen. Und genau deshalb gehört die Trauer an den Arbeitsplatz. Weil wir als ganze Menschen zur Arbeit kommen, nicht als perfekt portionierte Arbeitsversionen von uns selbst.

Und wenn wir im Büro auf die Trauer treffen, dann ist es hilfreich, sie vorher schon mal betrachtet und sich mit ihr auseinandergesetzt zu haben. Ein bisschen Wissen zum Thema kann Sicherheit vermitteln. Mit dieser Sicherheit in der Hinterhand können wir Räume öffnen, die Trauernde so dringend brauchen – oder selbst einen bekommen, wenn es notwendig ist.

So kann jede*r Einzelne von uns dazu beitragen, Unternehmen können aktiv gestalten, ob das Tabu um die Trauer bleibt – oder ob daraus Momente echter Verbindung und Fürsorge entstehen können. Nicht jeder Chef muss trösten können. Nicht jedes Team muss alles richtig machen. Aber jedes Unternehmen kann sagen: „Wir sehen dich. Wir kümmern uns. Und du bist nicht allein.“

Denn Empathie ist kein Nice-to-have. Sie ist jetzt und in Zukunft ein enorm wichtiger Skill. Ein Arbeitsumfeld, das auch schwierige Lebensphasen mitträgt, hat langfristig mehr als nur ein gutes Image.

Kurz gesagt: Wer Menschlichkeit ermöglicht, gewinnt Menschen. Und wenn ihr mich fragt, ist das – nicht nur wirtschaftlich – eines der stärksten Argumente für eine trauerfreundliche Unternehmenskultur.

 

Die Autorin

Carolin JungCarolin Junge sitzt lächeln an einem Fenster, trägt eine schwarze Jacke und goldene Ketten.

 

Carolin Junge ist ein kreatives Mastermind mit ganz viel Herz – besonders für Worte, Bücher und Themen, die sonst eher unter den Teppich gekehrt werden.
Als ausgebildete Trauerbegleiterin und Gründerin von Büro Ciao bringt sie frischen Wind in die oft staubtrockene Trauerkultur und Menschen auf eine offene Art mit Tod und Trauer in Berührung – mit Keynotes auf Konferenzen, mit Design-Produkten oder mit hauseigenen Trauerkonzepten oder Workshops für Unternehmen.
Mit ihrer Branding-Agentur oh boy! und als Fachbuch-Autorin steht sie außerdem für mitreißendes Storytelling und starke Marken mit Haltung. Und genau diese Haltung überträgt sie auch auf die Trauer. Ihre Mission: Rebranding & Unfucking Grief! 

 


 

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