Karriere

In the name of love: Darf die Firma mit ins Bett?

Verliebt in eine*n Kolleg*in? Kann passieren, ist aber mit Risiken verbunden. Scheitert die Beziehung, haben vor allem Frauen Nachteile

Marie Reichenbach

19.04.2018

In the name of love: Darf die Firma mit ins Bett?

© Pablo Heimplatz via unsplash.com

Ein knallharter Chef, der sich beim Anblick seiner schönen neuen Sekretärin als hoffnungsloser Romantiker outet. Sexy Flirts im Fahrstuhl oder heimliche Dates im Kopierraum. Der Filmindustrie sei Dank, setzen wir bei dem Gedanken an Beziehungen am Arbeitsplatz gerne die rosarote Brille auf.

Und zumindest theoretisch scheint es auch im realen Leben viele Vorteile zu haben, mit dem Partner den Arbeitsplatz zu teilen. Die so oft beschworene Work-Life-Balance würde sich so ganz automatisch einstellen, da man einen ähnlichen Tagesablauf hat, noch mehr Zeit miteinander verbringen und sich beim Arbeiten fast wie zu Hause fühlen kann.

Häufig sieht die Realität leider anders aus. Liebe am Arbeitsplatz bieten nicht nur einiges an Konfliktpotenzial, sondern können auch zu einer echten Bedrohung für die eigene Beziehung mit dem Job und den Kollegen werden: Wie gehe ich mit meinem Partner bei der Arbeit um? Muss ich meine Beziehung geheim halten? Was, wenn mein partner gleichzeitig auch mein Vorgesetzter ist? Und nur noch komplizierter wird es, wenn die Liebe endet. Das Scheitern einer Beziehung, hat dann nämlich einen direkten Einfluss auf die Entwicklung der Karriere.

40 Prozent der Deutschen haben sich schon am Arbeitsplatz verliebt

Als Flirtportal scheint das Büro wie geschaffen. Hier verbringt man viel Zeit und hat die Möglichkeit sich langsam und ohne Druck kennenzulernen. Oft ergeben sich im Job auch spannende Gesprächsthemen, die schnell zeigen, ob man ähnliche Ansichten und Interessen hat.

Kein Wunder also, dass 40 Prozent aller Deutschen bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag von Xing angegeben haben, dass sie sich schon einmal am Arbeitsplatz verliebt haben. Vor allem junge Arbeitnehmer geben aber an, dass für sie eine feste Beziehung am Arbeitsplatz nicht in Frage kommt, zu groß ist die Angst vor den Konsequenzen, wenn die Liebe geht, der Job aber bleibt. Das Kredo lautet: Flirts, ja; Beziehung, nein danke.

Starke Abhängigkeit und großer Einfluss auf den Arbeitsplatz

Und tatsächlich sind beziehungen am Arbeitsplatz nicht unkompliziert. Verschwimmen Privat- und Berufsleben, verändert sich automatisch das Lebensmodell. Wenn sich Partner nicht nur das Bett teilen, sondern auch den Arbeitsplatz, entsteht schnell eine große Abhängigkeit und die persönliche Privatsphäre nimmt ab. Unter diesen Umständen eine funktionierende Beziehung zu führen, erfordert klare Absprachen und viel Fingerspitzengefühl, sagt die Karriereberaterin Jutta Boenig im Interview mit der Zeit.

Außerdem „bindet eine Beziehung am Arbeitsplatz Energie“, sagt Boenig, und das nicht nur bei den Verliebten selbst. Kracht es in der Beziehung, kann sich das negativ auf die Stimmung am Arbeitsplatz sowie die Kooperations- und Teamfähigkeit auswirken. Wenn die Kollegen auch noch anfangen zu tuscheln, kostet das zusätzlich Lebenszeit.

Zerbricht die Liebe, ziehen Frauen den Kürzeren

Den negativsten Einfluss hat die Liebe am Arbeitsplatz aber dann, wenn es sie gar nicht mehr gibt. Das Ende einer Beziehung bedeutet nämlich nicht nur eine Veränderung im Privatleben, sondern hat gleichzeitig auch einen Einfluss auf den Job, und der darf nicht unterschätzt werden.

Laut Boenig hat eine gescheiterte Beziehung besonders häufig ernsthafte Konsequenzen für die Karriere von Frauen. Insbesondere dann, wenn der Ex-Partner in der Firmenhierarchie weiter oben steht. Nicht selten kommt es vor, dass dann nicht nur die Abteilung, sondern sogar der Arbeitgeber gewechselt wird. Das kann einerseits daran liegen, dass der ehemalige Partner seine übergeordnete Position ausnutzt. Psychotherapeut Wolfgang Krüger betont aber auch, dass der Leidensdruck nach einer gescheiterten Beziehung häufig so groß ist, dass man die Situation am Arbeitsplatz nicht mehr aushält und freiwillig etwas Neues anfangen will – beruflich und privat. Diese Entscheidung treffen vor allem Frauen, Männer zeigen sich in der Regel unbeeindruckter und versuchen, die Situation auszusitzen.

Drum prüfe, wer die Firma mit ins Bett nimmt

Wo die Liebe hinfällt, lässt sich bekanntlich aber nicht beeinflussen. Ist man erst einmal verliebt, hat die Vernunft häufig Sendepause. Doch genau davor warnt Krüger, er rät allen Verliebten am Arbeitsplatz daher die Beziehung erst nach frühestens drei Monaten öffentlich zu machen. So hat man genug Zeit herauszufinden, wie ernst die Sache ist und verhindert unnötiges Aufsehen, wenn sich die Verliebtheit nur als kleines Strohfeuer entpuppt.

Gerade im Frühling sollten wir uns die schönste Sache der Welt aber auch am Arbeitsplatz auf keinen Fall verbieten müssen. Wenn sich Liebe, Privatleben und Job allerdings so stark verbinden, sollte man sich über mögliche Konsequenzen Gedanken machen und – wenn möglich – Vorkehrungen treffen, damit man die Schmetterlinge im Bauch ohne Risiko genießen kann.

Hat dir der Artikel gefallen? Worüber würdest du gerne mehr bei GoodJobs lesen? Schreib es uns, am besten in einer kurzen Mail. Wir freuen uns auf jedes Feedback!

Tags

    Studie Karriere Gleichberechtigung Arbeitsplatz Work-Life-Balance