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Wie ein Poster die CSR-Welt rockt

Wie viele innovative Projekte begann es mit einem gesellschaftlichen Problem, das Mitgründer Sönke Burkert der Hilfswerft beschäftigte. Daraus wurde eine wichtige CSR-Maßnahme.

Sarah Brunner

10.05.2019

Wie ein Poster die CSR-Welt rockt

© Hilfswerft

Wie so viele innovative Projekte begann alles mit einem gesellschaftlichen Problem, das den Mitgründer Sönke Burkert der Hilfswerft beschäftigte. Dass sich daraus eine erfolgreiche CSR-Maßnahme (Corporate Social Responsibility) entwickeln würde, hätte er sich zu diesem Zeitpunkt nie erträumt.

Die gemeinnützige GmbH Hilfswerft fördert soziales Engagement und nachhaltiges Unternehmertum. Vor vier Jahren noch gab es „nur“ zwei große Steckenpferde: Die Social Entrepreneurship Camps an Universitäten, bei denen Student*innen innerhalb eines speziellen Moduls ein virtuelles Unternehmen mit sozialem Fokus gründen und der Wettbewerb „Helden der Heimat“. Dabei werden Projekte und Initiativen auf lokaler Ebene vorgestellt, um bürgerlichem Engagement gebührende Anerkennung zu geben. 

Sönke lernte durch seine Arbeit bei der Hilfswerft viele motivierte Menschen kennen, die zu einer nachhaltigeren Zukunft beitragen möchten. Am Willen mangelt es also keinesfalls! Das existierende Spektrum an Informationen über „DEN vorbildlichen grünen Lebensstil“ wirkt jedoch auf viele regelrecht erschlagend. Zwischen Greenwashing-Fallen und zeitfressendem Rechercheaufwand wissen die meisten gar nicht mehr, wo sie anfangen sollen.  So wandert das Projekt „Nachhaltigkeit“ erstmal in die Prokrastinations-Schublade. Der Klimawandel schreitet blöderweise in der Zwischenzeit voran.

Nachhaltigkeit auf einen Blick!

Während sich herkömmliche Bücher, Artikel und Videos auf Umwelttipps innerhalb eines thematischen Terrains begrenzen, wollte die Hilfswerft etwas schaffen, das alle Bereiche des alltäglichen Lebens abdeckt – und das möglichst übersichtlich, umfassend und anschaubar.
Heraus kam das dekorative Din A1 Poster mit dem unkomplizierten Namen „Die Nachhaltigen 222“. 

Eine simple Idee mit großer Wirkung für Verbraucher*innen: Um in jeder Situation und Lebenslage möglichst schnell einen nachhaltigen Anbieter zu finden, wurden alle 222 Marken in sinnvolle Kategorien eingeteilt. Der Kleiderschrank vom schwedischen Möbelhaus hat den letzten Umzug nicht heil überstanden? Ein Blick auf das Plakat liefert nicht nur nachhaltige Alternativen, sondern auch praktische Tipps für eine umweltfreundliche Inneneinrichtung. Ob Zahnpflege, Technik oder sogar Versicherungen – die Themen erfassen wirklich jeden Winkel des Alltags und sorgen für den ultimativen Durchblick im grünen Markendschungel. 

Da wundert es nicht, dass die Erstellung des Posters ein Jahr und die volle Aufmerksamkeit von zwei Mitarbeitern forderte. In aufwendiger Recherche wählten sie passende Marken mit ökologischem und sozialverträglichem Impact aus. Um frei von jeglicher Subjektivität agieren zu können, wurde kein Unternehmen vor dem Druck in das geheime Projekt eingeweiht.

Vom Ottonormalprodukt zur erfolgreichen CSR-Maßnahme

Die Zielgruppe bestand zum Verkaufsstart hauptsächlich aus normalen Verbraucher*innen mit grundlegendem Interesse an Umweltthemen und einzelnen Unternehmen, die Teil des Posters sind. Auf einer Nachhaltigkeitskonferenz entdeckte eine CSR-Mitarbeiterin eines internationalen Technologieunternehmens das Produkt und brachte damit einen neuen attraktiven Absatzmarkt ins Spiel. Die CSR-Abteilungen haben nämlich mit zwei großen Problemen zu kämpfen: Zum einen sind sie in vielen Unternehmen sehr dünn besetzt und gehen im Tagesgeschäft schnell unter. Zum anderen gebührt die geringe Aufmerksamkeit, die sie erhalten, meist negativ wahrgenommenen Zusammenhängen. 
CSR-Manager sind bekanntermaßen die Kolleg*innen, die mit einem mahnenden Verweis auf den letzten Nachhaltigkeitsbericht dazu auffordern, weniger Papier zu verwenden. Ein messbares Rollback für das Unternehmen ist da nicht direkt sichtbar – denn was für die gesellschaftliche Verantwortung ein Zugewinn ist, bedeutet für die Unternehmen meistens höhere Kosten (z.B. durch faire Produktion).
Diesen Stempel als unbeliebte Querulanten loszuwerden würde sämtliche CSR-Manager auf einen Schlag glücklich machen. Und genau da setzt das Poster an! Es kann als nützliches Goodie an die Mitarbeiter*innen herausgegeben werden und macht dabei sicherlich eine bessere Figur als signierte Kugelschreiber. Für ein effizientes Employer Branding können Organisationen ihre eigenen Farben und das Firmenlogo in das Poster integrieren lassen. Heraus kommt ein nützliches Firmengeschenk, das nicht achtlos in die unterste Schreibtischschublade verfrachtet wird, sondern einen Ehrenplatz an den privaten Wänden der Arbeitnehmer*innen bekommt.
Im steten Blickfeld fördert es die Bindung zum Arbeitgeber, dient einer nachhaltigeren Denkweise und verbessert das Ansehen der CSR. 

Kleines Poster mit großer Wirkung

Das Feedback der Unternehmen war dementsprechend überwältigend. Ein Vorgesetzter berichtete, dass das Poster zu einem regelrechten Umdenken in der Organisation geführt hatte. In dem Bestreben, mehr Nachhaltigkeit in seinen Arbeitsalltag einzubauen, machte ein Mitarbeiter auf das fleischlastige Kantinenangebot aufmerksam. Daraufhin wurde festgestellt, dass der 15 Jahre alte Rahmenvertrag mit der Kantine eine Verpflichtung über einen Mindestanteil an Fleisch enthält. Ausgelöst durch die Beschwerde wurde der überholte Vertrag aufgekündigt und eine Vegetarier-freundlichere Auswahl eingeführt.   

Wie die kleine Anekdote zeigt, braucht es manchmal nur einen leichten Anstoß, um die eigenen Mitarbeiter*innen für das Thema „Nachhaltigkeit“ zu begeistern. Was daraus entsteht, sind nicht selten intrinsisch motivierte Unternehmenswandlungen. 

Inzwischen hat sich das Poster als drittes großes Arbeitsprojekt in der Hilfswerft angeschlossen und für das nächste Jahr ist bereits ein Nachfolger in Planung. Wir sind gespannt, welche Steine dann ins Rollen gebracht werden.