New Work

Vier Vorschläge für eine Arbeitswelt, die alle einschließt

Glaubenssätze, die einer gerechten Verteilung sowie dem Wohlbefinden aller entgegenstehen, prägen die Arbeitswelt. Das lässt sich ändern! Wie, zeigt B-Leader Robert Gierke.

Leonard Gabriel Heygster

17.03.2022

Robert Gierke hält die Hand auf eine Weltkugel – Veränderung in der Arbeitswelt

Robert Gierke

Unsere Arbeitswelt baut zu Großteilen auf Annahmen auf, die nicht nur überholt sind, sie sind oftmals sogar destruktiv. Im humansarehappy Podcast spricht der ehemalige adidas-Manager und heutige B-Leader Robert Gierke über vier Paradigmen, die unsere Arbeitswelt bis heute prägen. Diese fördern aber weder eine gerechte Verteilung von Ressourcen, noch das Wohlbefinden aller – oft sogar im Gegenteil. Jedem dieser Glaubenssätze stellt Gierke eine Alternative gegenüber. 

Paradigma: “If there is a winner, there is a loser.“

Die Annahme dieses Paradigmas liegt häufig in der Sozialisation: Wir werden meist in dem Glauben großgezogen, dass es immer nur eine*n Gewinner*in geben kann. Dieser Glaubenssatz ist daher auch in der Geschäftswelt tief verankert.

Das Problem dabei ist, dass dieser Glaubenssatz den Gedanken, dass alle an einem System beteiligten Menschen gleichstark von ihm profitieren könnten, gar nicht erst zulässt. So wird er zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung und schließt sowohl Gleichberechtigung, gleiche Beteiligung und eine gerechte Verteilung von Ressourcen von vornherein aus. 

Eine mögliche Alternative zu diesem Paradigma ist die Einsicht, dass alles miteinander verbunden ist. Aus ihr ergibt sich logisch eine ganzheitliche Stakeholder-Orientierung, die vor allem die Umwelt miteinschließt. Je integrativer ein (Wirtschafts-)System gestrickt ist, desto mehr Gewinner*innen bringt es hervor. 

Das Paradigma der Produkthistorie

Viele Entscheider*innen in der Wirtschaft und in der Politik nehmen an, dass Konsument*innen die Geschichte oder die Lieferkette eines Produktes oder einer Dienstleistung  – einschließlich der in der Wertschöpfungskette verbrauchten Ressourcen – wenig interessiert. Diese Annahme ändert sich aktuell in verschiedenen Bereichen bereits sehr stark. Dennoch werden noch immer sehr viele Produkte und Dienstleistungen ohne Rücksicht auf eine faire und nachhaltige Gestaltung der Wertschöpfungskette hergestellt, angeboten und konsumiert. 

In Wahrheit treffen immer mehr Konsument*innen ihre Kauf- und Konsumentscheidungen auf Werte- sowie Unternehmensebene und nicht mehr rein auf der Produktebene. Diese Verschiebung der Nachfrage sorgt dafür, dass Unternehmen auf sie reagieren müssen, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben. Ein wirklicher Änderungswillen von Wirtschaftsvertreter*innen oder von Seiten der Politik würde diesen Wandel stark beschleunigen. 

Das Paradigma des Mangels

Die Annahme hierbei ist, dass es immer einen Mangel an oder einen Kampf um etwas gibt. Das können beispielsweise Ressourcen, Strukturen oder strategische Wettbewerbsvorteile sein. Die Ursache dieses Paradigmas liegt oft in der Angst, nicht genug zu haben oder zu sein. Es handelt sich hierbei um einen Glaubenssatz, der sich oft durch die Psyche von Menschen zieht und somit auch in der Arbeitswelt zum Ausdruck kommt. 

Das Gegenstück zum Paradigma des Mangels ist Fülle. Wir brauchen in diesem Sinne ein Fülle-Mindset, dem die Annahme zugrunde liegt, dass es ausreichend viele Ressourcen gibt. Dass insgesamt Ressourcen anders verteilt werden müssten, ist hierbei eingeschlossen. 

Das Paradimga “Ich. Hier. Jetzt.”

Das vierteljährliche Berichtswesen und die daran geknüpfte Erwartung über Gewinne sind das Gegenstück in der Geschäftswelt zu einem sich auf den Boden werfenden Kind, das fordert: "Ich will das jetzt haben!" 

Das Problem dabei ist, dass viele Entscheider*innen in der Wirtschaft oder in der Politik oft in einem Anreizsystem feststecken, das von ihnen erwartet, kurzfristige Gewinne vorzuweisen. Dabei sind ihre Hebel aber begrenzt. Sie können kurzfristig zwar Kosten senken, aber eine solche Orientierung kann langfristig ökonomisch und ökologisch nicht gut gehen. 

Die Alternative zu diesem Paradigma könnte „Wir. Zusammen. Langfristig.“ lauten. Es braucht aber den Mut und oftmals den internen Rückhalt, in umweltfreundliche und nachhaltige Geschäftsprozesse zu investieren. Vor allem, wenn damit einhergeht, Anteilseigner*innen zu verkünden, in diesem Jahr keine kurzfristigen Gewinne einzufahren. 

Das gesamte Gespräch mit Robert Gierke findest Du im humansarehappy Podcast

 

humansarehappy schafft Verständnis für die Entstehung von Wohlbefinden und vereint wissenschaftliche Aspekte der Glücksforschung mit praktischen Methoden und inspirierenden Lebensgeschichten. 

Im dazugehörigen Podcast spricht Leonard Gabriel Heygster mit Menschen aus den Bereichen Wissenschaft, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zu den Themen Wohlbefinden und Sinnerfahrung.