New Work

New Work -  Was bedeutet 'neues Arbeiten' für Unternehmen wirklich?

Unternehmen schmücken sich gerne mit dem hippen Begriff 'New Work', setzen auf Versprechen wie remotes Arbeiten, flexible Arbeitszeiten oder eigene Zielsetzungen. Doch wie angekommen ist New Work wirklich?

Angela Galliard

15.09.2021

drei Menschen sitzen lachend am Schreibtisch mit Laptops und arbeiten

Brooke Cagle via Unsplash

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Was ist New Work? 

Der austro-amerikanische Sozialphilosoph Frithjof Bergmann prägte den Begriff New Work. Mit der Definition einer neuen Arbeitsform und -weise beschreibt Bergmann einen Gegenentwurf zur klassischen Lohnarbeit im Kapitalismus. 

 

Laut dem Sozialphilosophen bestand seit der industriellen Revolution der Zweck von Arbeit darin, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen. Das Mittel, um die Arbeit zu erledigen, war der Mensch. Die neue Arbeit dreht Mittel und Zweck um und versteht die Arbeit als Mittel, damit sich der Mensch als ein freies Individuum verwirklichen kann.  

Daraus ergibt sich die simple Definition von neuer Arbeit: New Work ist die Arbeit, die ein Mensch wirklich machen will.

 

Nach Bergmann beruht New Work auf drei grundlegenden Voraussetzungen: 

  • Selbstständigkeit
  • Freiheit
  • Teilhabe an der Gemeinschaft

Jede Form von Arbeit, die diese drei Grundprinzipien untermauert, kann somit als New Work bezeichnet werden. Dass verschiedene Unternehmen den Vorteil dieser freien und weit gefassten Definition von New Work nutzen, um ihr eigenes Konzept zu entwickeln, verwundert nicht. So steht New Work heutzutage eher als Synonym für innovative Ansätze oder Veränderungen am Arbeitsplatz, die manchmal sogar weniger als mehr den angestellten Personen zu Gute kommen können. 

Wie kann New Work umgesetzt werden?

Wenn wir bei der etwas engeren Definition nach Bergmann und den drei Grundprinzipien Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft bleiben, gibt es trotzdem erstaunlich viele Ansätze, mit denen New Work umgesetzt werden kann: 

  • Leistungs- und Lernziele selbst festlegen
  • Selbstbestimmte Arbeitszeiten
  • Flexibler Wechsel von Führung und demokratischer Führungskultur
  • Agilität und schnelle Entscheidungsprozesse 
  • Weniger Hierarchiestufen
  • Flexibilität von Arbeitszeit und Arbeitsort
  • Job Rotation und Wechsel von Arbeitsaufgaben 
  • Neue Bürokonzepte mit kreativen Work-Spaces und größeren, offenen Räumen, um voneinander zu profitieren

Reality Check:  Wie wird neue Arbeit tatsächlich umgesetzt und wie entlarvt man Möchtegern-New-Work-Arbeitgeber*innen?

Klar ist: New Work ist nicht für jede Person das richtige Arbeitsmodell. Manche Menschen können unter strikter Aufgabenverteilung und mit festgelegten Regeln besser arbeiten und fühlen sich wohler. Es ist jedoch auch klar, dass sich Unternehmen mit einem sehr weit entfernten Verständnis des Bergmännischen Begriffes keine Freunde machen, wenn sie im Recruiting auf New Work Versprechen setzen, die sie später nicht halten können. 

Einige Unternehmen tun sich mit New Work richtig schwer. Denn dies impliziert, Vertrauen in die Mitarbeiter*innen zu haben - ein Konzept, das gerade in Deutschland noch ausbaufähig ist. Zum Glück lassen sich Möchtegern-New-Work-Arbeitgeber*innen schnell identifizieren. Am einfachsten ist es, wenn man sich Stellenausschreibungen und die Internet- und vor allem Teamseite des Unternehmens anschaut. Oft finden sich New Work Begrifflichkeiten, die sehr geschickt abgewandelt oder eingeschränkt werden. 

 

Ein gern genutzter Begriff ist die “flexible Arbeitszeit”, die dann aber mit einer Kernarbeitszeit von z.B. 10 bis 16 Uhr eingeschränkt wird. Remotes Arbeiten im Zusammenhang mit flexiblen Arbeitszeiten wird auch gerne als Marketing im Recruiting genutzt. Hier sollte man spätestens im Gespräch nachfragen, ob die Arbeitszeit durch z. B. Einloggen in Zeiterfassungsprogramme getrackt wird. Ein weiteres und oft genanntes Versprechen ist die Möglichkeit, aus dem Home Office arbeiten zu dürfen. In einigen Firmen wird das jedoch auf z. B. zwei Mal die Woche festgelegt. New Work nach Bergmann beschreiben diese Beispiele nicht.

New Work in deutschen Unternehmen - fehlende Studienlage

Die Anzahl an “echten” New Work Unternehmen (nach Bergmann) scheint in Deutschland aktuell noch überschaubar. Aber es tut sich etwas. Seit einigen Jahren setzen vereinzelte Unternehmen, die z. B. nicht in hippen Großstädten ansässig, aber auf kreative Köpfe mit neuen Denkweisen angewiesen sind, auf die 4-Tage-Woche oder auf komplett remotes Arbeiten. Darüber hinaus locken einige Startups mit New Work Prinzipien wie flache Hierarchien, transparente oder sogar selbst festgelegte Gehälter und Urlaubstage.
Um ein Gesamtbild von New Work in Deutschland erhalten zu können, fehlen allerdings repräsentative Studien, die z. B. zeigen, wie hoch der prozentuale Anteil an deutschen Unternehmen ist, die tatsächlich nach dem Prinzip New Work arbeiten. Die fehlende Studienlage lässt sich mitunter auf die weite Definition der neuen Arbeit zurückführen und darauf, dass einige Unternehmen zwar mit New Work werben, aber nur bedingt umsetzen. Wer allerdings einen Indikator für fortschrittliche und New Work basierende Unternehmen sucht, kann sich die Gewinner des jährlich vergebenen New Work Awards ansehen. Der Preis wird von der New Work SE (Xing SE) vergeben. Die Gewinner aus dem Jahr 2020 findet ihr hier.

New New Work - Am Beispiel des Kollektivs Hiveling 

Wer das New Work Unternehmen der Träume noch nicht finden konnte, dem bleibt vielleicht nichts anderes übrig, als selbst kreativ zu werden und das Projekt selbst in die Hand zu nehmen. Das dachte sich auch das Team von Hiveling - Digital Working Collective. Mit ihrem Online Marketing Kollektiv vereinen sie alle drei New Work Kriterien nach Bergmann: Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft. Anstelle einer Unternehmensgründung, wie bei einem Startup oder einer Agentur üblich, setzt das Team auf die Selbstständigkeit der einzelnen Personen. Damit gibt es keine*n Chef*in und keine Angestellten. Projekte und Entscheidungen werden gemeinsam erarbeitet - und das meist digital und von überall aus der Welt. Das Konzept der Kreativlinge kommt bei Kund*innen und auch Marktteilnehmer*innen gut an und bescherte Hiveling innerhalb kurzer Zeit eine Erfolgswelle. Mehr Infos zu Hiveling findet ihr hier.