Nachhaltig Wirtschaften – Das Konzept der gemeinschaftsgetragenen Unternehmen
Die Nachrichten sind voll von Herausforderungen, die unsere Gesellschaft die kommenden Jahre bevorsteht. Die Stimmen nach einer alternativen Wirtschaftsform werden lauter. Doch wie könnte diese aussehen?
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Die Nachrichten sind voll von Herausforderungen, die unsere Gesellschaft die kommenden Jahre bevorsteht. Die Stimmen nach einer alternativen Wirtschaftsform werden lauter. Doch wie könnte diese aussehen? Ein Lösungsansatz ist, das Konzept solidarischer Gemeinschaften auf Unternehmen zu übertragen, indem sich immer mehr Personen mit Produzent*innen zu demokratischen Gemeinschaften zusammenschließen. Sie teilen die Kosten des laufenden Betriebs und erhalten dafür die erzeugten Produkte. Diese gemeinschaftsgetragenen Unternehmen ermöglichen nachhaltiges Wirtschaften.
Wie sieht (nachhaltiges) Wirtschaften in der Zukunft aus?
Durch die sich verstärkende Klimakrise, wachsende soziale Ungleichheit oder eine Pandemie stellt unsere Gesellschaft vor großen Herausforderungen. Diese Herausforderungen lassen sich ebenso auf Unternehmen übertragen. Unsere kapitalistische Wirtschaft, die auf grenzenloses Wachstum ausgerichtet ist, scheint keine adäquate Antwort hierauf zu finden. Doch wie finden wir eine Lösung? Das hängt mit der Frage zusammen, wie wir wirtschaften. Lösungsbausteine dieser Frage stellen regionale und unabhängige Produktionsprozesse von Unternehmen dar. Genau an dieser Stelle setzen gemeinschaftsgetragene Unternehmen an, deren Konzept wir euch nun erklären möchten.
Was ist ein gemeinschaftsgetragenes Unternehmen?
Gemeinschaftsgetragene Unternehmen bauen auf dem Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) auf: Im Vordergrund steht eine kooperative Beziehung zwischen Produzent*innen und Konsument*innen, die eine nachhaltige Versorgung mit Produkten und Dienstleistungen sicherstellt. Das Stichwort sind regionale Lieferketten. Ermöglicht wird diese Versorgung, indem die Produzent*innen und Konsument*innen ihren Bedarf gemeinsam planen. Die gesamten laufenden Kosten eines Jahres werden durch Mitgliedsbeiträge gedeckt. Im Gegenzug werden die Produkte und Dienstleistungen nicht mehr zu einem schwankenden Marktpreis verkauft, sondern gezielt auf die Bedürfnisse der Mitglieder hin produziert und anschließend an sie verteilt. Daraus ergibt sich eine große Planungssicherheit und eine hohe Produktions- und Budgettransparenz, die ein sinnvolles und gleichzeitig maßvolles Produzieren ermöglicht. Die Verschwendung von Gütern wird im Vergleich zu herkömmlichen Unternehmen stark reduziert.
Produzent und Konsument werden eins
Hinzu kommt, dass sich die klassischen Rollen der Produzent*innen und Konsument*innen verschieben. Aus zwei getrennten Lagern wird eine neue Form: die Prosument*innen. Die Prosument*innen bilden eine soziale Gemeinschaft heraus, die im Kern auf Vertrauen und Verständnis basiert. Auf diese Weise heben gemeinschaftsgetragene Unternehmen soziale und ökologische Standards an und wirken gleichzeitig der zunehmenden Polarisierung unserer Gesellschaft entgegen. Dadurch stärken diese Unternehmen ihre Resilienz.
Theorie oder Praxis?
Was vielen wirtschaftlichen Zukunftskonzept vorgeworfen wird, ist die fehlende Umsetzbarkeit. Doch das diese Art zu wirtschaften funktioniert, beweisen viele bereits bestehende Unternehmen wie Kartoffel und Backhaus. Mit Teikei Coffee existiert ein gemeinschaftsgetragenes Unternehmen, das neue solidarische Handelsbeziehungen zum globalen Süden aufgebaut hat: Innerhalb einer solidarischen Gemeinschaft finanzieren Verbraucher*innen aus Deutschland und der Schweiz mexikanischen Kaffee Bäuerinnen und Bauern ihren Anbaubetrieb. Im Gegenzug teilen sie sich die Ernte. Die Kaffeebohnen werden aus ökologischen Gründen per Segelschiff nach Deutschland transportiert, dort geröstet und an die Verbraucher*innen verteilt. Teikei Coffee beweist mit seinen wachsenden Umsatz- und Mitgliederzahlen eindrucksvoll die Wirtschaftlichkeit des gemeinschaftsgetragenen Konzepts.
Eine innovative Organisationsform
Das gemeinschaftsgetragene Unternehmen bietet eine Organisationsform, innerhalb derer Menschen zusammenkommen, Ideen wachsen, Wissen geteilt und Einzel- sowie Gemeinwohlinteressen gleichberechtigt berücksichtigt werden können. Gerade im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel und die wachsende soziale Ungleichheit eröffnet dies Lösungsmöglichkeiten. Gleichzeitig handelt es sich um eine flexible und innovative Organisationsform, die je nach Branche unterschiedlich ausgestaltet werden kann. Damit lässt sie sich in bisherige Unternehmensformen gut integrieren. Unsere Gesellschaft und unsere Unternehmen müssen sich zukünftig mit den großen Herausforderungen unserer Zeit auseinandersetzen und Antworten auf die Frage, wie wir nachhaltig wirtschaften, finden. Dieser Verantwortung kann sich niemand mehr entziehen.
Dieser Gastartikel wurde von Michael Berlet und Hannah Strobel von NELA. Next Economy Lab geschrieben. NELA entwickelt und realisiert gemeinsam mit Unternehmen, Politik und Zivilgesellschaft Konzepte für eine sozial gerechte, klimapositive und kooperative Wirtschaft.