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5-Stunden-Tag: Wieso weniger Arbeitszeit nicht immer besser ist

Ein Start-up lässt seine Mitarbeiter drei Stunden am Tag weniger arbeiten, das Gehalt bleibt gleich - das Arbeitspensum allerdings auch. Warum das nichts bringt. Ein Kommentar

Jana Malderle

25.03.2018

5-Stunden-Tag: Wieso weniger Arbeitszeit nicht immer besser ist

© Tim Gouw via unsplash.com

Wenn man liest, dass beim US-amerikanischen Unternehmen Tower alle Mitarbeiter nur fünf Stunden am Tag arbeiten und dafür das gleiche Gehalt bekommen wie vorher bei einem klassischen Achtstundentag, wird man erst einmal neidisch. Gäbe es da nicht eine Einschränkung: In den fünf Stunden gilt es, so produktiv wie nur möglich zu sein. Denn das Arbeitspensum hat sich nicht verändert. Kann diese Rechnung aufgehen? Das ist zu bezweifeln.

Natürlich würde ich mich zunächst freuen, wenn mir mein Chef auf einmal vorschlagen würde, für den gleichen Lohn drei Stunden weniger arbeiten zu müssen. Dies würde nicht nur meinen Stundenlohn steigern, sondern auch meine Freizeit verlängern – theoretisch.

Mehr Produktivität – zu welchem Preis?

Bei Tower will man zeigen, dass es geht; dass man die Arbeit von acht Stunden in fünf erledigen kann und den Arbeitsalltag somit effizienter gestaltet. Klingt erst einmal sinnvoll, denn jeder von uns verplempert ab und an ein bisschen Zeit im Job. Doch das ist längst nicht so sinnlos, wie es sich im ersten Moment anhört.

Gerade kleine Pausen zwischendurch – Raucherpausen, der Plausch an der Kaffeemaschine mit den Kollegen, sich zwischendurch mal die Beine vertreten – sind essenziell, um unsere Gedanken von Aufgaben zu befreien, für die wir gerade keine Antworten finden.

Im kreativen Bereich und überall dort, wo man Probleme lösen muss (also in jedem Beruf), braucht unser Denkapparat Pausen, das zeigt auch die Forschung. Zwischendurch einmal nichts tun und den Geist ablenken ist aus wissenschaftlicher Sicht keine Zeitverschwendung, im Gegenteil: Man schafft sich Raum im Kopf, um die wichtigen Aufgaben anschließend konzentrierter und besser zu erledigen.

Doch dafür wäre wahrscheinlich keine Zeit mehr, würde ich drei Stunden weniger arbeiten. Ich wäre viel zu sehr damit beschäftigt, in die Tasten zu hauen, während ich wie mit Scheuklappen auf den Bildschirm starre, um Texte zu produzieren, die nicht das Prädikat wertvoll, sondern eher den Stempel Quantität tragen würden. Das würde nicht nur mich traurig machen, sondern auch eure Zeit verschwenden, also die der Leser.

5-Stunden-Tag bringt nichts bei gleichem Arbeitspensum

Im Handwerk oder der Industrie gibt es viele Arbeitsabläufe, die nicht in einen kürzeren Zeitraum gepresst werden können, außer sie werden auf mehrere Tage aufgeteilt. Ähnlich wird es auch in Dienstleistungsunternehmen und besonders im kreativen Sektor sein. Oder man denke an all die stupiden, repetitiven Aufgaben und Jobs, die es bis heute in unserer Wirtschaft gibt. Wer da noch weniger Pause machen darf, um sein Arbeitspensum zu erfüllen, wird entweder verrückt oder völlig lethargisch und apathisch.

Viele Mitarbeiter sind ohnehin schon gestresst, obwohl sie mindestens acht Stunden am Tag arbeiten. Was soll es also bringen  weniger Stunden pro Tag arbeiten zu müssen, obwohl die eigentliche Arbeit nicht verringert wird?

Gesetz kennt keine Pausen für fünf Stunden Arbeit

Hinzu kommt, dass gesetzlich keine Pause für eine Arbeitszeit unter sechs Stunden festgelegt ist. Erst ab dann muss eine Pause von mindestens 30 Minuten eingehalten werden. Wenn man sich jetzt vorstellt, dass man ohne mit der Wimper zu zucken durcharbeiten und dabei auch noch höchste Leistung erbringen soll – wie furchtbar stressig das wäre!

Versteht mich nicht falsch, ich habe nichts gegen den Fünfstundentag. Vielleicht sind die üblichen acht Stunden Arbeitszeit in unseren Köpfen schon so verankert, dass wir es uns gar nicht mehr anders vorstellen können. Ählich  wie sich Millennials wahrscheinlich kaum noch eine Welt ohne Internet vorstellen können.

Ich bin nur dagegen, acht Stunden Arbeit in fünf Stunden erledigen zu müssen. Stephan Aarstol, der Gründer des Start-Ups Tower, zwingt – harsch gesagt – seine Mitarbeiter zu mehr Effizienz, indem jeder morgens um acht Uhr im Büro erscheint und um dreizehn Uhr wieder geht.

Mehr Geduld üben

Die Frage ist: Kann das auf Dauer gut gehen oder sind die Batterien irgendwann leer? Selbst bei Tower hat man sich inzwischen teilweise von der 25-Stunden-Woche verabschiedet. Die Arbeitszeit von fünf Stunden pro Tag gilt nur noch im Sommer.

Wir befinden uns in einer Zeit der ständigen Ungeduld, in der wir alles, was wir besitzen wollen, in Windeseile bekommen können und uns von Social-Media-Aufmerksamkeit hochpuschen lassen.

Möglicherweise ist es langsam an der Zeit, dass wir uns wieder mehr in Geduld üben und neu lernen auf Produkte und Dienstleistungen länger zu warten. Dann, wenn alle gemeinsam weniger arbeiten, könnte es tatsächlich mit dem Fünfstundentag klappen.

 

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