Europawahl 2019 – wie die EU unseren Arbeitsalltag verbessert
Am 26. Mai wählen die Europäer*innen ein neues Europaparlament. Was die EU bisher für dein Berufsleben getan hat und wie wichtig deine Stimme für die Zukunft der Arbeit ist.
© Oliver Cole via unsplash
"Ein Europa für Alle: Deine Stimme gegen Nationalismus!" war gestern das Motto auf den Straßen vieler europäischer Städte. Hinter der Aktion steht ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen. Ihr Appell an alle Bürger*innen Europas: “Geht wählen, für ein demokratisches, friedliches und solidarisches Europa!”
Und tatsächlich steht Europa vor zahlreichen Herausforderungen, für die es wichtig ist, seine Stimme zu geben. Initiativen wie das Studienprojekt „EU for You“ helfen dabei, indem sie auf Instagram besonders junge Menschen dazu motivieren, ihr Europa demokratisch mitzugestalten. Von Flüchtlingskrise bis Klimaschutz, von Digitalisierung bis Uploadfilter – Demokratie ist nicht selbstverständlich. Wir sollten von unserem Privileg gebrauch machen und diese wichtigen Fragen mitbestimmen. Denn bei aller Kritik hat Europa auch schon viel Gutes geleistet.
Dazu gehören auch Verbesserungen unserer Arbeitswelt, wie wir sie heute kennen.
Sichere Zukunft trotz Automatisierung
Europa steht vor vielen neuen Herausforderungen. Dazu gehört auch der Wandel der Arbeitswelt. So tolle Errungenschaften wie neue Technologien und eine stetige Digitalisierung sind, sie führen auch dazu, dass gerade im produzierenden Gewerbe viel weniger menschliche Arbeitskraft benötigt wird und die soziale Sicherheit Europas auf der Kippe steht. Einer aktuellen OECD-Studie zufolge wird in den nächsten 10-15 Jahren jeder fünfte Job in Deutschland der Automatisierung zum Opfer fallen. Mit geeigneten Umschulungen können betroffene Arbeitnehmer*innen aber neue Jobs finden. Die EU hilft mit dem Digital Europe Program dabei, Europäer*innen auf diese unsichere Zukunft vorzubereiten. Die Schulungen finden in den Bereichen Internet und digitale Medien, Supercomputing, künstliche Intelligenz und Cybersecurity statt. Dafür stellt die EU insgesamt 9,2 Milliarden Euro bereit.
Glückliche Bio-Bauern
Bio-Produkte direkt vom Bauern sind in Mode. Egal ob auf dem Bauernmarkt, über Obst- und Gemüsekisten oder als Online-Verkauf – die Direktvermarktung von Lebensmitteln bietet nicht nur für Verbraucher*innen Vorteile, sondern sorgt auch für eine faire Bezahlung der Landwirte. Deshalb stellt die EU finanzielle Mittel für die Ausbildung von Landwirt*innen und die Unterstützung von Bauernverbänden bereit. Alle Biolandwirt*innen erhalten zudem jährlich hektarbezogene Beihilfen, damit sie weiter ökologischen Landbau betreiben oder ihren Betrieb darauf umstellen. Um Biobetriebe rentabler zu machen, fördert die EU außerdem Forschung und Innovation und finanziert EU-Kampagnen, um Ökolandbau zu promoten.
Einsatz für Frauen
Ganz besonders fördert die EU Frauen im Arbeitsleben. Gründerinnen etwa können über die EU Plattform „WEgate“ praktische Tipps zu ihrer Gründung oder den Ausbau ihres Unternehmens erhalten. Sie bekommen darüber hinaus Informationen zu finanziellen Fördermöglichkeiten, E-Learning-Materialien und haben die Möglichkeiten, sich zu vernetzen. Auch die EU-geförderte Europäische Gemeinschaft der Business Angels unterstützt Unternehmerinnen bei der Suche nach Finanzierungsquellen.
Neben Beratungs- und Finanzierungsangeboten sichert die EU selbstständige Frauen auch rechtlich ab. So haben dank einer EU-Rechtsvorschrift alle selbstständig tätigen Frauen Anspruch auf Mutterschaftsgeld sowie mindestens 14 Wochen Mutterschaftsurlaub. In einem neuen Vorschlag der EU für eine Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben soll es insbesondere Frauen ermöglicht werden, Familie und Beruf durch flexiblere Arbeitsregelungen künftig besser unter einen Hut zu bekommen. Und das ist nicht alles: Gleichstellungspolitik, transparente Auswahlverfahren, Quotenregelungen und Engagement gegen geschlechterbedingte Gefälle beim Gehalt – das EU-Recht hilft Frauen dabei, Hindernisse bei ihrer Berufswahl zu überwinden und schützt sie vor Diskriminierung und Belästigung am Arbeitsplatz.
Genossenschaften für neues Arbeiten
In der Diskussion um die Zukunft unserer Arbeitswelt gibt es immer wieder die Forderung nach einem neuen Verständnis von Führung. Mitarbeiter*innen solle dringend mehr Eigenverantwortung übertragen werden, sodass diese von einer besseren Work-Life-Balance profitieren und sich gleichzeitig mehr mit ihrer Arbeit identifizieren. Teilhabe, so die Annahme, trage zu einer größeren Produktivität bei. Dieser „New Work“ Gedanke ist dabei nicht in Gänze neu: auch traditionelle Genossenschaften zeichnen sich durch demokratische Strukturen, flache Hierarchien und gemeinschaftlichen Besitz des Unternehmens aus. Die EU fördert Genossenschaften daher bereits in zwei Pilotprojekten: eines zur Förderung genossenschaftlicher Jungunternehmer*innen in Start-ups sowie eines zur Übertragung von Unternehmen an die Mitarbeiter*innen. Eine Zukunftsvision, die uns gefällt!
Starthilfe für soziale und grüne Innovationen
Für Unternehmen mit umweltfreundlichen Produkten und Dienstleistungen bietet die EU Unterstützung an. Im Rahmen des Enterprise Europe Network und des Network for Eco-Innovation Investment können sich Gründer*innen zu ökologischen Investitionen und zur Entwicklung ihrer Geschäftsideen von Profis beraten lassen.
Besonders Crowdfunding ist ein Katalysator um grüne und soziale Visionen junger Start-ups in die Tat umzusetzen. Vom Saatgut-Konfetti bis hin zur Integrationswerkstatt in Unkel kann jedermann durch eine kleine Spende große Ideen fördern. Bisland erschweren jedoch widersprüchliche nationale Regelungen den Zugang zu Crowdfunding. Dank dem Europäischen Parlament wird dieses Problem bald der Vergangenheit angehören. Ein EU-Pass soll künftig den Zugang zum gesamten EU-Markt für Crowdfunding Projekte in nur einem Schritt ermöglichen. Mit diesem Pass müssen Crowdfunding-Plattformen dann allein den europäischen Regelungen entsprechen, unabhängig ihres Heimatlandes.
Erschwingliches Engagement
Was uns besonders freut: die EU fördert auch Jobs mit Sinn. Darunter versteht sie Menschen, die für eine NGO arbeiten, ehrenamtlich tätig sind oder sich anderweitig für eine soziale Bewegung engagieren. Insgesamt 10% aller EU-Unternehmen sind im Bereich der Sozialwirtschaft angesiedelt, etwa 28,3% aller Arbeitsplätze fallen in ihren Sektor – mehr schaffen nur noch Handel und verarbeitendes Gewerbe. Mit speziellen Programmen wie dem European Voluntary Service oder den European Solidarity Corps fördert die EU soziales Engagement und bietet jungen Menschen bis 30 die Möglichkeit, im In- oder Ausland für ein Herzensprojekt zu arbeiten. Zwar handelt es sich dabei um ehrenamtliche Arbeit, die Lebenskosten werden jedoch durch EU-Gelder gedeckt.
Und wen wähle ich jetzt?
Das Arbeitsleben nimmt einen massiven Teil unserer Lebenszeit ein. Vor allem der politische Rahmen bestimmt mit darüber, welches Leben wir führen. Sind wir Burnout gefährdet? Achten wir und unser Arbeitgeber auf die nötige Gesundheit am Arbeitsplatz? Haben wir genug Zeit für unsere Familie? Bekommen wir einen Kredit für ein Haus? Verdienen wir genug für ein gutes Leben? All diese Fragen hängen stark von unseren Arbeitsbedingungen ab. Es lohnt sich also bei jeder Wahl auch einen genauen Blick darauf zu werfen, welche Parteien wirklich eine Verbesserung deines Arbeitslebens planen.
Um herauszufinden, welche Partei ihr wirklich unterstützen wollt, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Besonders beliebt ist der Wahl-O-Mat, eine Initiative der Bundeszentrale für politische Bildung. Seit er online ging wurde er bereits 71 Millionen mal genutzt. Mittels eines Fragenkatalogs aus 38 Thesen erfährst du hier, welche Standpunkte einzelne Parteien vertreten und mit welchen Standpunkten du am meisten übereinstimmst. Manko: es können natürlich nicht alle wichtigen Themen behandelt werden und die einfach formulierten Fragen geben viel Raum für Interpretation. Ähnlich funktioniert die App Wahlswiper der Berliner Digitalagentur Movact. In Tinder-Manier swipet man für „Ja” oder „Nein” in die entsprechende Richtung und gleich seine Antworten am Ende mit den Parteistatements ab. Dieses benutzerfreundliche Format soll vor allem die politische Teilhabe Jüngerer sichern und potenzielle Nichtwähler zum Urnengang motivieren. Die insgesamt 30 Fragen und Auswertungen werden dabei in enger Zusammenarbeit mit der Universität Freiburg und anderen Universitäten entwickelt.
Welcher Partei ihr auch am Ende eure Stimme gebt, in erster Linie ist wichtig, dass ihr überhaupt wählen geht. Denn in Zeiten von Brexit und anderer nationaler Alleingänge ist es bedeutender denn je, sich für ein gemeinsames Europa stark zu machen!
Wenn du noch mehr über die Zukunft Europas erfahren möchtest, dann liefert dir die neueste Ausgabe des enorm Magazins Antworten auf die Fragen, was die Europäer über ihren Kontinent denken und welche Ideen es für die europäische Gemeinschaft gibt. Denn fest steht: Das alte Europa ist bedroht. Das neue Europa braucht neue Ideen. Und uns.