Bewerbung mit Sinn – wie überzeuge ich auf Recruiting Events?
Auf lockeren Kennenlern-Events erhalten Bewerber*innen einen authentischen Eindruck der Organisation. Arik, der Gründer des Startups SwitchUp, erzählt uns mehr.
© Switch-UP
New Work bedeutet nicht nur erfüllenderes Arbeiten, sondern auch Recruiting auf Augenhöhe. Wer motivierte Arbeitnehmer*innen möchte, die gut ins Team passen, muss sich auch bei diesen entsprechend vorstellen. Da macht es wenig Sinn, neue Mitarbeiter*innen durch ein starres Interviewverfahren mit den Personaler*innen zu recruiten. Um zu schauen, ob es zwischen Bewerber*innen und Kolleg*innen harmoniert, eignet sich zum Beispiel ein Recruiting-Event. Dabei werden Interessent*innen eingeladen, um die Organisation von der menschlichen Seite besser kennen zu lernen.
Bei diesem lockeren Kennenlernen können sich beide Parteien ein ungezwungenes Bild davon machen, mit wem sie eventuell zusammenarbeiten werden - eine Win-Win-Situation also! Das Startup SwitchUp optimiert Stromtarife nach dem Freundschaftsprinzip und setzt diese Vertrauensgrundlage auch intern um. Da das Unternehmen schon einige Recruiting Events erfolgreich hinter sich gebracht hat, gehören sie zu den Zugpferden des modernen Personalmanagements. Wir haben den Gründer Arik gefragt, wie so ein Event abläuft und welche Erfahrungen sie bisher damit gemacht haben.
Lieber Arik, was waren die ausschlaggebenden Gründe für euch, über diese eher untraditionelle Weise Bewerber*innen kennen zu lernen?
Ich habe mir schon häufig die Frage gestellt, warum viele Arbeitgeber es als selbstverständlich begreifen, dass man sich für einen Job bewirbt ohne zuvor die Menschen in der jeweiligen Organisation kennen gelernt zu haben. Schließlich möchte ich doch nicht nur irgendeine “Funktion” ausfüllen, sondern mit spannenden Menschen gemeinsam etwas bewegen. Und um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob es menschlich und im Umgang miteinander passt, möchte ich doch einen Blick hinter die Kulissen werfen.
Genau deshalb experimentieren wir seit gut anderthalb Jahren mit unseren Kennenlern-Events, mit denen wir genau dies ermöglichen möchten: In entspannter Atmosphäre einen Blick in unsere Wirkungsstätte zu werfen und vor allem unsere Team-KollegInnen kennen zu lernen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass unsere Gäste dann sehr schnell merken, ob es sich bei uns richtig anfühlt. Übrigens erwarten wir nicht, dass man sich bei uns bereits zuvor bewirbt, um an unseren Events teilzunehmen. Vielmehr möchten wir es Interessierten leicht machen, uns auf Augenhöhe kennen zu lernen.
Wie läuft bei SwitchUp der Bewerbungsprozess ab?
Bei uns geht es vor allem um dieses beiderseitige Kennenlernen. Dazu reicht im ersten Schritt ein kurzes Signal, dass Interesse an einem Austausch besteht. Häufig laden wir interessierte Personen zu unserem täglichen dampfgegarten Lunch ein oder telefonieren kurz vorab.
Sollten wir beiderseitig das Gefühl haben, dass es sich gut anfühlt, sich näher kennen zu lernen, organisieren wir einen Kennenlern-Tag vor Ort bei uns.
Was den Entscheidungsprozess angeht, ist unser ganzes Team involviert. Denn alle Kollegen und Kolleginnen bei uns im Team haben ein Veto-Recht, wenn es um die Einstellung künftiger KollegInnen geht. So möchten wir sicherstellen, dass neue KollegInnen zu unserer Kultur passen.
Wie läuft bei euch ein SwitchUp Recruiting Event ab?
Auf unseren Kennenlern-Events geht es - wie schon der Name sagt - um das Kennenlernen. Wir geben uns daher viel Mühe, unsere Philosophie darzulegen, die für uns der Treiber all unseres Handelns ist. Für uns geht es dabei vor allem darum, “warum” und “wie” wir tun, was wir tun.
Auf unseren Kennenlern-Events teilen wir unsere Ideen und Gedanken, wie wir diese in die Praxis umsetzen. Und wir laden zu einem Austausch darüber ein. Diese sind bislang auch für uns sehr erfrischend und spannend gewesen – es ist einfach toll, neue Perspektiven auf das, was uns Alltäglich beschäftigt, kennenzulernen. Ebenso sind wir natürlich auch interessiert daran, die Menschen kennen zu lernen, die uns an diesen Abenden besuchen. Mich persönlich fasziniert, wie unterschiedlich die Teilnehmer*innen sind. Vom Elektriker, Chefkoch, Lehrer oder Dirigenten war schon alles mit dabei. Und das was all diese Personen verband, war der Wunsch etwas Sinnstiftendes zu tun.
Als Ausklang des Ganzen sorgen wir für einen kleinen Gaumenschmaus auf unserer Dachterrasse.
Welche Erfahrungen hattet ihr damit im Allgemeinen bis jetzt? Auch im Vergleich mit Einzelinterviews: Welche Unterschiede konntet ihr feststellen?
Wir glauben, um sich wirklich kennenzulernen, braucht es unterschiedliche Berührungspunkte. Es gibt viele Facetten, die man über uns wissen sollte und es ist unser Anspruch, die potenziellen Kolleg*innen ausführlich kennen zu lernen, damit man am Ende gemeinsam aus vollem Herzen sagen kann: Jawohl, das passt! Deshalb glauben wir nicht an starre Interviewprozesse. Diese sind zu eindimensional und kurz gedacht. Wir gehen lieber ganz offen in den Dialog. Die Kernfrage ist für uns stets: “Was möchtest Du für Dich finden, damit Du rundum glücklich bist?” Denn in einem selbstorganisierten Team ohne Hierarchien wie bei SwitchUp geht es vor allem darum, was die jeweilige Person antreibt. Bislang haben wir auf diesem Wege schon viele großartige KollegInnen für unser Team finden können und erhielten auch schon das Feedback, dass sich Menschen genau deshalb bei uns beworben haben, weil sich allein das Kennenlernen schon so anders angefühlt hat. Das freut uns natürlich.
Warum sollte ich als Bewerber*in auf ein Recruiting Event gehen? Was kann ich mir dadurch erhoffen?
Man hat selten die Gelegenheit, eine Organisation aus der Nähe kennen zu lernen. Wir möchten die Barrieren beiseite schaffen. Genau deshalb gibt es unser Kennenlern-Event. :-)
Gibt es auch Nachteile (aus Sicht des Unternehmens)? Lernt man bei konventionellen Bewerbungsgesprächen die Bewerber nicht viel persönlicher kennen, weil man den Fokus nur auf eine Person richten muss?
Das Kennenlern-Event ist für uns nur der erste Schritt des Kennenlern-Prozesses. Uns geht es bei diesem Event primär darum, dass sich der jeweilige Interessent ein umfassendes Bild machen kann, ob er bzw. sie mit uns in einen vertiefenden Dialog gehen möchte. Den Raum für ein vertiefendes Kennenlernen besteht dann im Rahmen der Kennenlern-Tage oder einem erneuten Besuch bei einem unserer Mittagessen vor Ort.
Glaubst du, dass sich Recruitment Events gerade bei Jobs im nachhaltigen und sozialen Bereich eignen?
Vor dem Hintergrund, dass wir unsere Aktivitäten bei SwitchUp vor allem auf einer Philosophie entwickeln, braucht es eine Passung auf vielen Ebenen. Schließlich geht es nicht nur um einen Job, sondern die gemeinsame Verwirklichung unseres Vorhabens: Für mehr Fairness im Austausch zwischen Unternehmen und Kunden zu sorgen. Insofern glaube ich, dass sich gerade solche Kennenlern-Formate eignen, bei denen nicht nur ein rationaler Austausch im Mittelpunkt steht. Denn es soll dabei ja nicht darum gehen, irgendwelche Fachkenntnisse abzuklopfen, sondern zu verstehen, was die jeweilige Person antreibt. Meiner Meinung sind solche Formate daher auch passend für andere Jobs im nachhaltigen und sozialen Bereich.
Bei Veranstaltungen mit mehreren Bewerber*innen besteht auch immer die Gefahr, dass ein unangenehmer Konkurrenzkampf entsteht oder schüchternere Personen Nachteile haben. Wie habt ihr das bisher wahrgenommen?
Ich habe dies bei unseren Kennenlern-Events bislang nie wahrgenommen, weil es ja darum geht erstmal reinzuschnuppern und für sich zu prüfen, ob wir ein interessantes Team für einen sind. Ich habe den Eindruck, dass bei vielen der Events eine Atmosphäre von Wertschätzung für Andersartigkeit entstanden ist. Und ich hatte stets das Gefühl, dass sich jeder sehr wohl gefühlt hat. Indem wir Personen einladen zu erzählen, was sich zu uns geführt hat, bekommt zudem jeder die Gelegenheit, etwas über sich zu erzählen. Und wer dies nicht in offener Runde tun mag hat ausreichend Gelegenheit dies während des Essens zu tun. Üblicherweise sind viele der SwitchUp-KollegInnen mit dabei, was einem die Gelegenheit gibt, viele unserer KollegInnen kennen zu lernen und sich entspannt mit diesen auszutauschen.
Sind Recruiting Events generell eine gute Chance für jede Persönlichkeit oder sollte ich das nur in Erwägung ziehen, wenn ich eher extrovertiert veranlagt bin und mich gerne vor vielen Menschen präsentiere?
Wir mögen Menschen in allen Farbtönen, mit Ecken und Kanten, extrovertiert oder introvertiert. Wie zuvor gesagt, bei den Kennenlern-Abenden geht es ohnehin nicht um eine Bewerbungssituation, sondern ums Kennenlernen. Keiner muss etwas präsentieren oder sich vorab vorbereiten. Ich bin selber von Natur aus ein introvertierter Mensch und kann insofern gut nachvollziehen, was einen verunsichern kann. Wir geben uns viel Mühe, dass sicher jeder Mensch willkommen geheißen und rundum wohl fühlt.
Wie bereite ich mich als Bewerber*in am besten auf so ein Event vor? Genau wie bei einem Vorstellungsgespräch oder gibt es da Unterschiede?
Es braucht keine Vorbereitung. Einfach vorbeikommen und so sein wie man ist. :-)
Auf was achtest du persönlich bei den Bewerber*innen?
Was motiviert die jeweilige Person? Und was braucht die Person, um richtig glücklich zu sein? Wenn ich die Antworten darauf kenne, kann ich einen ehrlichen Abgleich machen, ob wir dies seitens SwitchUp erfüllen können. Ich bin stets sehr offen, wenn ich das Gefühl habe, dass wir nicht der richtige Ort für die Person sind, selbst wenn wir die Person als sehr spannend empfinden. Schließlich kann man sich nur richtig entfalten, wenn es einem rundum gut geht.
Welche Themen eignen sich gut als Icebreaker im Gespräch? Sollten Teilnehmer*innen auch heikle Fragen stellen?
Jegliche Fragen sind willkommen. Für mich persönlich ist Kritik ein Vertrauensbeweis. Insofern freue ich mich sehr über konstruktive Hinweise oder Verbesserungsvorschläge. Auch finde ich es spannend, mit Interessenten über unseren Ansatz zu philosophieren. Klassische Icebreaker braucht es bei unseren Kennernlern-Events nicht, da wir gleich mit einer Tour durch unsere Wirkungsstätte starten und man dabei ganz natürlich ins Gespräch kommt.
Was tut ihr als GoodCompany, um die Teilnehmer*innen von eurem Unternehmen zu überzeugen?
Uns geht es nicht darum, jemanden zu überzeugen. Wir möchten einfach unsere Türen weit öffnen, damit man uns ehrlich und auf Augenhöhe kennen lernen kann. Ich bin überzeugt, dass auf diesem Wege die richtigen Menschen zueinander finden.
Was sind in euren Augen Mitarbeiter-Benefits?
Ich bin kein Freund klassischer Mitarbeiter-Benefits. Ich könnte natürlich Dinge wie unsere täglichen Lunches aufzählen. Damit man sich in einer Organisation wohl fühlt, ist meines Erachtens etwas anderes wichtig: Fühle ich mich gut, in dem was ich tue und habe ich das Gefühl, etwas Sinnstiftendes zu tun? Wir investieren in viel Zeit und Energie, damit dies der Fall ist.
Was ist für dich persönlich ein Job mit Sinn?
Allen voran möchte ich morgens mit dem guten Gefühl aufstehen, dass ich meine Lebensenergie mit Leidenschaft für etwas investiere, an das ich von ganzem Herzen glaube. Indem ich Mitgestalter in einer Organisation wie SwitchUp bin, habe ich das Gefühl, positive Impulse erzeugen zu können – sowohl für die Menschen, für die wir unseren Service erbringen, als auch für die in vielerlei Hinsicht schief hängenden Märkte, die wir etwas gerader rücken. Persönlich bewegt es mich zu sehen, wenn unsere NutzerInnen uns nicht nur als irgendeinen Service wahrnehmen, sondern an unsere Philosophie andocken. Dass dies häufig der Fall ist, gerade auch was unser Freundschaftsprinzip betrifft, kann man gut anhand der vielen tausenden, häufig ungewöhnlichen Rezensionen erkennen, die unsere NutzerInnen über uns verfasst haben. Und es fühlt sich toll an, gemeinsam mit großartigen KollegInnen unsere Philosophie in die Realität umzusetzen.
Wir von GoodJobs wagen uns mit den Fairänderern SwitchUp auf eine neue experimentelle Ebene und wollen am 27.6. bei einem gemeinsamen Event darüber diskutieren, was eigentlich ein Job mit Sinn bedeutet. Keine Podiumsdiskussion oder Vorträge stehen auf der Agenda. Vielmehr möchten wir einen Austausch auf Augenhöhe schaffen, in dem alle Impulsgeber*innen sein können. Leider ist die Veranstaltung schon komplett ausgebucht, wir werden euch aber in einem gesonderten Artikel über die Diskussionsrunde und die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse berichten.