Psychologie

Minimalismus: In 5 Schritten zum „Weniger“

Minimalismus kann dazu dienen, herauszufinden, was uns wirklich wichtig ist. Wir benötigen eine klare Vorstellung von uns selbst, unseren Bedürfnissen und unserem Lebensstil.

Rike Bucher

20.12.2019

Minimalismus: In 5 Schritten zum „Weniger“

© K8 via unsplash

Minimalismus kann als Handwerkszeug dienen, um herauszufinden, was uns wirklich wichtig ist. Dazu benötigen wir eine klare Vorstellung von uns selbst, unseren Bedürfnissen und unserem Lebensstil. Wie sich Minimalismus erlernen lässt, erklärt unsere Gastautorin Rike Bucher.

New Work ist ein Sammelbegriff, der Prinzipien wie Holocracy, Design Thinking oder flexible Arbeitszeitmodelle vereint und das Streben nach Sinn im Job in den Mittelpunkt stellt! Wir glauben, dass Sinnhaftigkeit der Arbeit viel mehr im Zentrum der New Work Bewegung stehen muss. So wird aus „New Work“ das zeitlose „Good Work“. Wie ihr euer Good Work Potenzial entfaltet, erfahrt ihr in dieser Artikel-Reihe. Im siebten und letzten Teil fragen wir unsere Gastautorin Rike Bucher, wie wir minimalistisch leben und arbeiten können.

Wie verändern wir uns? Von außen angetrieben?

Schon oft ist die Frage gestellt worden: wie können wir unser Verhalten ändern? Um nachhaltiger zu leben, müssen wir weniger konsumieren. Das ist klar. Weniger Konsum heißt, weniger Rohstoffe zu verbrauchen und achtsamer mit der Erde umzugehen. Viele von uns haben gute Vorsätze und gemessen an der Lebensweise des vergangenen 20. Jahrhunderts – mein Haus, mein Auto, meine Yacht – ist die Achtsamkeit heute deutlich höher. 

Bisher kamen Vorschläge für eine Verhaltensänderung immer von außen. Boni, Rabatte, Regelungen, Verbote. Doch gleichzeitig haben noch nie so große Autos unsere Innenstädte verstopft, noch nie wurden landwirtschaftliche Nutzflächen so ausgebeutet und noch nie schwamm so viel Plastikmüll in den Meeren herum. Allein das zeigt, dass die bisherigen Strategien – von außen – nicht funktioniert haben.

Dr. Ragnar K. Willer, international tätiger Konsumsoziologe, beschäftigt sich seit über zehn Jahren als Wissenschaftler und Berater intensiv mit der Frage, warum Menschen leben und kaufen, wie sie es tun. Er vertritt eine Auffassung, die erstmal etwas ungewohnt daherkommt. „Ohne starken Staat keine Konsumwende“, erklärt er und schließt sich mit der Forderung nach staatlichen Verboten und Regelungen den Äußerungen von Greta Thunberg an. Er meint, ohne geregelte Grenzwerte staatlicherseits würden die CO2 Werte nicht reduziert werden können, aber auch ohne bewussten individuellen Konsum wird es keine industriellen Veränderungen geben. Hat Minimalismus – betrachtet aus den Augen von Politik und Wirtschaft – doch etwas mit von außen diktierten, nämlich staatlichen Sanktionen zu tun?

Freiwillig weniger Konsum

Was die Grenzwerte für CO2 im gesellschaftlichen Sinne sind, ist die Selbstbegrenzung für uns Konsumenten*innen im Privaten. Der Wunsch nach Minimalismus bewirkt in den USA gerade eine Welle von „Nichts-haben-ist-der-größte-Luxus“. Stolz posen Mittdreißiger mit 3 statt 100 Shirts auf den gängigen Medienkanälen. Auch hierzulande wächst die freiwillige Konsumbegrenzung, meiner Meinung nach allerdings vor einem größeren Sinn-Hintergrund: dem Wunsch nach einfacheren Zeiten.

Anhand der GoodJobs-Userumfrage erkennt man, dass 93% der Befragten mit ihrem Job etwas Nachhaltiges bewirken und mehr nachhaltigen Impact schaffen wollen. Die Sehnsucht nach einem Leben mit mehr Sinn verspüren immer mehr Menschen. Meiner Meinung nach ist das nicht nur eine Reaktion auf die oft genannte Überforderung, sondern eine klare Willensentscheidung. Wir sind von uns aus in der Lage, zu Erkenntnissen zu gelangen – über unsere unmittelbare Erfahrung mit der geschädigten Umwelt. Wir verstehen nur zu gut, dass manche Jobs zur Überforderung führen können, aber wir haben auch einen eigenen „Regler“ in der Hand. Wir können uns für eine bessere Welt einsetzen, ohne radikal auf alles zu verzichten, was uns lieb und teuer ist. Und – vielleicht das Wichtigste – wir können etwas bewegen. Wir sind ganz viele und wir setzen uns ein. Manchmal sind unsere Forderungen allerdings zweideutig und daher ist es gut, erstmal „im eigenen Kämmerlein zu kehren“, wie es so schön heißt.

Minimalismus zeigt, was wir wirklich brauchen

„Was brauchen wir für das neue Jahrhundert?“ fragte die Wirtschafts-Zeitschrift Brand eins in einer der letzten Ausgaben. Ja, was brauchen wir wirklich?

Wenn in der Company minimalistisch gearbeitet wird, dann erstrahlt nach außen ein glasklares Bild. Kund*innen erkennen sofort, worauf es ankommt. Das eigentliche Produkt ist dabei nicht die Ware oder Dienstleistung, sondern das Gefühl von Einfachheit und Leichtigkeit, die es vermittelt. Weniger ist also mehr. Auch für dich. 

In 5 Schritten zum Minimalismus

Den „Charme des Weniger“ möchte ich dir durch die eine kleine Anregung nahebringen. Sie entstammt als Idee dem Change Journal von Tim Jaudszims, das ich selbst gerne nutze. Hier eine leicht abgewandelte Form einer seiner 24 Methoden: 

Nimm dir eine freie Seite in deinem (Job-)Tagebuch oder einfach eine leere DIN A4 Seite und liste diese fünf Fragen untereinander auf:

1. Heute werde ich diese EINE Sache besonders aufmerksam tun: …

2. Wie fühlt sich das für mich an? …

3. Was habe ich dabei an mir beobachtet? …

4. Bekommt diese eine Sache einen Platz auf meiner Wichtig-für-mich-Liste? …

5. Beginne eine solche „Wichtig-für-mich“-Liste und fülle sie über 14 Tage. Am Ende wirst du staunen, welche Aspekte in deinem Leben wichtig sind, und vielleicht noch mehr, welche gar nicht so wichtig sind, wie du dachtest!

Mit dieser Übung bekommst du ein Gespür, was du weniger möchtest und wie du dieses Weniger-von-diesen-Dingen angehen kannst. Und mehr noch: wovon möchtest du mehr und was kannst du dafür tun? Freiwilliger Minimalismus verhilft dir zu mehr Geld in der Tasche, weil du beim Kauf abwägst, ob du etwas wirklich benötigst. Du sparst aber auch Zeit, weil dein Leben überschaubarer wird und du mehr Dinge mit Sinn tust. Durch einfache Planungen und mehr Raum für dich und deine Regeneration lebst du gesünder. Wenn wir auf diese Weise eine gesellschaftliche Dimension von Minimalismus erreichen, in der jede*r Selbstverantwortung übernimmt, dann werden noch mehr mündige Bürger*innen in Zukunft ihre Stimme für eine faire und zukunftstaugliche Gesellschaft einsetzen.
 

Rike BucherRike Bucher entfaltet als Coach das volle Potential von New Leadern. Ihre Themen sind: Intuition, Authentische Führung, Emotionale Kompetenz, Macht, New Work. Ihr Coaching verbindet Kopf mit Bauch, ihre Workation verbindet Sizilien mit Berlin.